EdTech Startup Monitor: Status, Hürden und Potenziale für Gründer:innen in der Bildungsbranche
Einige Kernergebnisse des Monitors:
- Digitalisierung des Bildungssektors ist zu langsam: neun von zehn deutschen Start-up-Gründer:innen kritisieren das Digitalisierungstempo des Bildungssektors in Deutschland.
- Frauen gründen überproportional oft Educational Tech-Start-ups (EdTech): Der Gründerinnenanteil ist mit 36 Prozent doppelt so hoch wie bundesweiter Durchschnitt.
- Mangelnde Finanzierung hemmt Wachstum: Bisher haben nur vier Prozent der EdTech-Start-ups das für Wachstum wichtige Venture Capital erhalten.
Deutsche Start-up-Gründer:innen sehen in digitaler Bildung eines der wichtigsten Zukunftsfelder. Gleichzeitig sagen 91 Prozent der Gründer:innen, dass die Digitalisierung unseres Bildungssystems im internationalen Vergleich hinterherhinkt.
Die Founders Foundation und der Startup-Verband haben den EdTech Startup Monitor erstellt, um die Start-up-Landschaft in der Bildungsbranche erstmals zu erfassen. Die Studie analysiert deutschlandweit Potenziale und Herausforderungen junger Unternehmen im Bildungssektor.
Insgesamt lassen sich in Deutschland aktuell 493 EdTech-Start-ups identifizieren. Mit 29 Prozent der Unternehmen liegt Berlin als Unternehmensstandort klar vorn – gefolgt von München, Hamburg, Köln und Düsseldorf. Trotz des föderalen Bildungssystems in Deutschland konzentriert sich mehr als die Hälfte der deutschen EdTech-Start-ups in diesen fünf Großstädten und damit nur auf vier Bundesländer.
Start-ups bringen digitale Bildung in (Hoch-)Schulen und Unternehmen
Start-ups sind treibende Kraft bei der Digitalisierung unseres Bildungssektors. 80 Prozent haben einen Fokus auf digitale Geschäftsmodelle wie Apps und Online-Lernplattformen – sie setzen hier also einen nochmal deutlicheren Schwerpunkt als Start-ups allgemein (64 Prozent*). Besonders Online-Plattformen spielen eine zentrale Rolle (34 Prozent).
EdTech-Start-ups decken die gesamte Bildungslandschaft ab: Mit 41 Prozent konzentriert sich der größte Teil auf den Marktsektor Beruf und Weiterbildung – sowohl für Unternehmenskunden als auch für Privatpersonen. 38 Prozent entwickeln Lösungen für Schulen, Kitas und Hochschulen und weitere 21 Prozent widmen sich dem Bereich lebenslanges Lernen.
Mehr Diversität und hoher Purpose unter EdTech-Gründer*innen
Während der Gründerinnenanteil unter Start-ups insgesamt gegenüber dem Vorjahr (21 Prozent*) leicht auf 18 Prozent zurückgeht, liegt er im EdTech-Sektor mit 36 Prozent doppelt so hoch wie der landesweite Schnitt. Hierbei stechen auch die Studienabschlüsse hervor: Besonders viele Gründer:innen kommen aus Akademiker-Haushalten und haben einen Hintergrund in den Bereichen Informatik und Mathematik sowie den Geistes- und Sozialwissenschaften.
EdTech-Gründer:innen unterscheiden sich auch in ihrer Motivation und ihrem Weg zur Gründung: Die Mehrheit (58 Prozent) entscheidet sich erst im Berufsleben für die Gründung – deutlich mehr als in der allgemeinen Start-up-Szene (41 Prozent*). Dabei steht bei 57 Prozent die eigene Vision, als eine ausgeprägte inhaltliche Begeisterung für und Identifikation mit dem Thema, im Vordergrund, verglichen mit 47 Prozent unter allen Gründer:innen. Diese starke intrinsische Motivation führt zu einer hohen Identifikation mit dem Thema und sorgt dafür, dass 92 Prozent der EdTech-Gründer:innen wieder gründen würden.
Digitale Bildung scheitert an den Mühlen der Bürokratie
Der Vertrieb ist für 65 Prozent der EdTech-Start-ups die zentrale Herausforderung. Hauptproblem ist dabei aus Sicht vieler Gründer:innen, dass institutionelle Kunden wie Schulen und Hochschulen sehr zurückhaltend bei der Einführung von innovativen Lösungen sind (89 Prozent). Die Situation wird durch einen fragmentierten Markt und unterschiedliche gesetzliche Vorgaben seitens der Bundesländern sowie eine besonders komplexe Kundenlandschaft erschwert: Unternehmen kaufen Lösungen für Mitarbeitende, Schulen für Lehrkräfte und Lernende sowie Eltern für ihren Nachwuchs. Diese herausfordernde Marktstruktur spiegelt sich auch in den Umsätzen wider: EdTech-Start-ups erzielen 40 Prozent im B2C-Bereich, also direkt mit Endnutzern und bisher nur 22 Prozent im B2G-Bereich, also mit öffentlichen Kunden. Bei Start-ups allgemein sind es nur 19 Prozent im B2C- und sechs Prozent im B2G-Sektor.
„EdTech ist eines der diversesten Start-up-Felder in Deutschland: mit doppelt so vielen Frauen wie in der klassischen Start-up-Szene und einem einzigartigen Mix aus Tech- und Geisteswissenschaftlerinnen ... EdTech-Gründer:innen sind ‚Überzeugungstäter‘: Sie setzen sich aus tiefster Überzeugung für eine neue Form von Bildung ein und bleiben hartnäckig – auch wenn die Hürden der Bürokratie manchmal stärker scheinen als der Veränderungswille im Bildungssektor. Dass mehr als 90 % wieder gründen würden, zeigt: Der Antrieb unsere Bildung zu revolutionieren, ist wahnsinnig groß. Und den brauchen wir, um auch in Zukunft gut und zeitgemäß ausgebildete Menschen in Deutschland zu haben, die unsere Gesellschaft und Wirtschaft antreiben.“
Mangelnde Finanzierung hemmt deutsche EdTech-Start-ups
Externe Finanzierung ist für viele Start-ups eine wichtige Grundlage für Wachstum. Besonders bei EdTech-Start-ups zeigen sich jedoch Finanzierungshürden. Im Vergleich zum Gesamtschnitt werden EdTechs weniger oft von Business Angels (24 Prozent im Vergleich zu 32 Prozent allgemein) und Venture-Capital-Akteuren unterstützt (vier Prozent im Vergleich zu 19 Prozent allgemein).
Das zeigt: EdTech ist ein Spezialsektor mit Eintrittsbarrieren. Bevor sie investieren, müssen sich Investoren erst spezifisches Fachwissen zu der komplizierten Kundenstruktur, langen Vertriebs-Zyklen und zusätzlichen bürokratischen Hürden insbesondere bei institutionellen Kunden aneignen. Auf der anderen Seite wirft die mit 16 Prozent vergleichsweise geringe Nachfrage nach Venture Capital (gegenüber 35 Prozent allgemein*) auf Seiten der EdTech-Gründer:innen selbst die Frage nach Vorbehalten und fehlenden Zugängen oder aber einem geringeren Bedarf durch überdurschnittliche hohe soziale und finanzielle Sicherheitsnetze mit Blick auf Wagniskapital auf.
„Gerade Start-ups, die Bildungstechnologie anbieten, stehen vor besonderen Finanzierungshürden. Dabei sind Investitionen in Bildung volkswirtschaftlich besonders wichtig ... Wir müssen in Deutschland mehr privates Kapital, insbesondere von institutionellen Investoren, mobilisieren und die Exit-Kanäle stärken. Nur so können wir innovativen Unternehmen die nötigen Ressourcen für Wachstum und Skalierung bieten.“
*Zur Studie:
Grundlage des Reports ist ein deutschlandweites Mapping des Sektors, in dem 493 EdTech-Start-ups indentifiziert wurden. Die zweite zentrale Datenbasis ist der Deutsche Startup Monitor mit insgesamt gut 1.800 Teilnehmenden zwischen Juni und August 2024 – hier wurden insgesamt 98 EdTech-Start-ups befragt.
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