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Philipp Hüning, Co-Founder & CEO der Logistikbude
Interview mit Dr. Philipp Hüning von Logistikbude GmbH
Die Logistikbude GmbH aus Dortmund digitalisiert das Management von Paletten, Behältern und anderen Mehrweg-Ladungsträgern. Mit ihrer cloudbasierten Software sorgt sie für volle Transparenz über Bestände und Umläufe, verringert Schwund und senkt Kosten deutlich. Aufwendige Excel-Listen und mühsame Abstimmungen gehören damit der Vergangenheit an: Automatisierte Prozesse sowie nutzerfreundliche Apps und Schnittstellen ermöglichen eine schnelle und unkomplizierte Integration in bestehende Systeme. So hilft Logistikbude Unternehmen dabei, ihre Logistik effizienter, nachhaltiger und zukunftssicher zu gestalten.
Idee und Motivation
Was hat euch inspiriert an einer Lösung für Smart Logistics zu arbeiten?
Dr. Philipp Hüning: Unsere Wurzeln liegen in der Fraunhofer-Forschung. Dort haben wir über zehn Jahre Unternehmen beraten und individuelle Lösungen für das Management von Mehrwegladungsträgern entwickelt. Dabei wurde klar: Jede Lieferkette braucht Paletten, Behälter oder Gestelle – ohne diese Hilfsmittel läuft keine Produktion, kein Transport. Gleichzeitig ist das Management dieser Assets ein extrem manueller, nicht wertschöpfender Prozess. Genau hier haben wir enormes Potenzial für Automatisierung gesehen – damit Unternehmen ihre Ressourcen auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können.
Warum habt ihr euch entschieden, Logistikbude GmbH in NRW zu gründen? Welche Vorteile bietet euch der Standort – z. B. in Bezug auf Netzwerk, Förderung oder Märkte?
Dr. Philipp Hüning: NRW – und speziell das Ruhrgebiet – bietet für uns als Logistik-Start-up ideale Voraussetzungen. Die Region ist ein Hotspot für Logistik und Industrie, was uns direkten Zugang zu potenziellen Kundinnen und Kunden sowie und Partnerinnen und Partnern verschafft. Die Nähe zu Hochschulen wie der TU Dortmund sorgt für eine gute Anbindung an Fachkräfte und Innovationspotenziale. Auch die Infrastruktur – von Verkehrswegen bis zu Gründerzentren – ist hervorragend ausgebaut. Wir erleben ein unterstützendes Netzwerk und eine wachsende Start-up-Szene, die sich nicht hinter Berlin oder München verstecken muss. Für uns war es nie eine Option, NRW zu verlassen – im Gegenteil: Wir sehen uns als Best-Practice-Beispiel dafür, was hier möglich ist.
Technologie und Innovation
Wie hebt sich euer Ansatz von anderen Smart-Logistics-Lösungen ab?
Dr. Philipp Hüning: Wir konzentrieren uns konsequent auf die Automatisierung im Mehrwegmanagement. Statt zusätzliche manuelle Buchungen einzuführen, nutzen wir die Daten, die bei unseren Kunden ohnehin vorhanden sind – etwa aus Lagerverwaltungssystem, Transportmanagement und Enterprise Resource Planning (ERP). Diese Daten verknüpfen wir intelligent und ermöglichen so die automatische Verbuchung und Abrechnung von Bewegungen. Das macht unsere Lösung besonders anschlussfähig und reduziert den Anpassungsaufwand auf Kundenseite erheblich.
Mit welchen technischen Herausforderungen wart ihr bei der Entwicklung konfrontiert – und wie habt ihr sie gelöst?
Dr. Philipp Hüning: Die größte Herausforderung liegt in der schieren Datenmenge und Vielfalt. Wir binden pro Kunde oft fünf bis zehn Systeme an und verarbeiten monatlich rund 20 Millionen Ladungsträgerbewegungen. Um diese Datenmengen effizient zu verarbeiten, kombinieren wir Datenquellen smart und ergänzen sie, wo nötig, sogar um Informationen aus Papierbelegen. Mit KI-gestützten Prozessen stellen wir sicher, dass die Verbuchung vollständig automatisiert abläuft.
Gründung und Aufbau
Wie verlief euer Weg von der Idee zur Gründung?
Dr. Philipp Hüning: Am Anfang stand keine klassische „Geschäftsidee“, sondern die Beobachtung eines Problems: Unternehmen hatten wiederkehrend dieselben Herausforderungen im Mehrwegmanagement. Dafür haben wir zunächst individuelle Lösungen entwickelt und gemerkt, dass wir es hier nicht mit Einzelfällen, sondern mit einem breiten Marktbedarf zu tun haben.
Als Team von vier Gründern haben wir dann – unter anderem in einem Projekt mit der European Pallet Association (EPAL) – Nutzerinterviews durchgeführt, um Bedarfe noch besser zu verstehen. Die haben unseren Eindruck nochmal bestätigt: Es handelt sich nicht um Herausforderungen einzelner Akteure, sondern der meisten produzierenden Unternehmen, Händler und Logistiker – also ganzer Branchen. Daraus entstand unsere Vision: Eine flexible Softwarelösung, die sich an die individuellen Bedürfnisse anpassen lässt und gleichzeitig Personalaufwand wie auch Schwundkosten reduziert. Das Potenzial ist enorm. Und genau dieser Gedanke hat uns von der Idee bis zur Gründung getragen.
Gab es schwierige Momente, und wie habt ihr diese gemeistert?
Dr. Philipp Hüning: Schwierige Momente gehören zum Gründeralltag. Wichtig ist, das große Ziel im Blick zu behalten – vergleichbar mit einer Bergbesteigung: Man hat ein klares Gipfelziel und arbeitet sich über Zwischenetappen wie Teamaufbau, Produktmeilensteine oder Finanzierungsrunden nach oben. Auf diesem Weg geht es mal bergauf, mal bergab. Entscheidend war für uns ein heterogenes Gründungsteam und später auch ein diverses Team an Mitarbeitenden, das uns immer wieder getragen hat.
Wie habt ihr eure Finanzierung aufgestellt? Gab es Unterstützung durch Förderprogramme?
Dr. Philipp Hüning: Zu Beginn haben wir das EXIST-Gründungsstipendium vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) erhalten. Im Frühjahr 2024 wurden wir von der Fraunhofer-Gesellschaft und dem HTGF High-Tech Gründerfonds als beste Ausgründung des Jahres 2023 ausgezeichnet. Im gleichen Jahr belegten wir beim Wettbewerb „Digitales Start-up des Jahres 2024“ des BMWE den dritten Platz und gewannen auch den zusätzlichen Publikumspreis. Die Teilnahme an solchen Wettbewerben sorgt nicht nur für wertvolle Aufmerksamkeit, sondern bringt auch Preisgelder ein, die wir direkt in unser Unternehmen investieren.
Sehr früh haben wir zudem auf Umsatz gesetzt – schon kurz nach der Gründung hatten wir erste zahlende Kunden. Das war wichtig, um Feedback aus der Praxis zu bekommen und die Lösung marktgerecht weiterzuentwickeln. Später folgten klassische Finanzierungsrunden, um das Wachstum zu beschleunigen. Wir sind überzeugt, dass diese solide Mischung aus Förderprogrammen, Wettbewerbserfolgen, Umsatzfinanzierung und Investorenkapital uns eine nachhaltige Basis gibt, um langfristig zu wachsen.
Mit dieser Aufstellung blicken wir optimistisch nach vorn: Wir verfügen heute nicht nur über eine stabile Finanzierung, sondern auch über das Vertrauen namhafter Partner und Kunden. Das gibt uns die Sicherheit, weiterhin konsequent in Innovation, Skalierung und internationale Expansion investieren zu können.
Erfolge und Zukunft
Auf welchen Erfolg seid ihr besonders stolz?
Dr. Philipp Hüning: Für uns sind es zwei Dimensionen: Einerseits die Kultur, die wir aufgebaut haben – etwa bei unserem Sommerfest oder bei gemeinsamen Ausflügen, wenn das gesamte Team zusammenkommt. Andererseits die geschäftlichen Erfolge: Heute betreuen wir unter anderem einen der größten Logistiker Europas und man kann sagen, dass ein Großteil der Produkte im deutschen Kühlschrank vorher über Paletten läuft, die von unserer Software verwaltet werden. Hinzu kommen Auszeichnungen wie „Beste Ausgründung aus der Fraunhofer-Gesellschaft“ oder „Digitales Start-up des Jahres“, auf die wir sehr stolz sind.
Wo seht ihr Logistikbude GmbH in den nächsten drei bis fünf Jahren? Welche Weiterentwicklungen plant ihr aktuell?
Dr. Philipp Hüning: Unser Ziel ist die vollständige Automatisierung des Mehrwegmanagements, sodass sich Unternehmen überhaupt nicht mehr mit dem Thema beschäftigen müssen. Dazu schließen wir aktuell noch die letzten Lücken im Prozess. Gleichzeitig treiben wir die Internationalisierung voran: Bereits heute sind wir in Ländern wie Polen, Tschechien und Dänemark aktiv – mit stetig wachsender Präsenz in Europa.
Tipps für Gründende
Was war die wichtigste Lektion, die ihr als Gründende gelernt habt?
Dr. Philipp Hüning: Man darf sich nicht in Theorie und Konzepten verlieren. Erfolg entsteht durch Umsetzung, durch echte Umsätze und messbare Kennzahlen. Dazu gehört auch der Mut zur Fokussierung: nicht jedem Kunden hinterherzulaufen, sondern sich auf bestimmte Marktsegmente und Zielgruppen zu konzentrieren. Und – vielleicht das Wichtigste – man sollte als Gründender Menschen ins Team holen, die die eigenen Fähigkeiten ergänzen.
Welche Ratschläge würdet ihr anderen Gründenden mitgeben?
Dr. Philipp Hüning: Lasst Euch nicht von oberflächlichen Start-up-Events ablenken. Baut Euch lieber eine Peer Group mit Gründenden, die etwas weiter sind als ihr – von ihnen profitiert ihr wirklich. Und behaltet im Blick: Am Ende zählen Kunden, Umsatz und ein funktionierendes Produkt – nicht die nächste Pitch-Bühne.
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