Das Feedback auf die Geschäftsidee von circuly war „echt mega gut“.
circuly (This content is only available in German.)
Victoria Erdbrügger
Warum soll man langlebige Produkte nicht mieten können, fragt Victoria Erdbrügger, die Co-Gründerin von circuly. Was ein Kinderwagen-Handel mit der circuly Idee für eine Software, um in Online-Shops neben der bekannten Kaufen-Option auch eine Mieten-Funktion anzubieten, zu tun hat, verrät Victoria in dieser Folge des #GründenNRW-Podcasts.
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Victoria Erdbrügger: Das Feedback, was wir da gekriegt haben, war halt größtenteils echt mega gut, dass sie gesagt haben: Ja genau, was ihr da vorhabt, das ist mein größter Pain. Wenn ihr das entwickeln könnt, wir sind sofort dabei.
Fabio Gressies: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von #NeueGründerzeit. Ich bin Fabio Gressies, und wie wichtig es ist, einfach mal zu machen, den nächsten Schritt zu gehen und nicht darüber nachzudenken, was vielleicht in die Hose geht oder welche Probleme auf einen warten, zeigt Victoria Erdbrügger. Sie ist die Co-Gründerin von circuly. Hallo Victoria, ich freue mich total, das du heute da bist. Und ich bin gespannt, was du zu erzählen hast, weil ich selber noch gar nicht so diesen kompletten Durchblick hab, was du und was Nick und was circuly generell alles so macht. Und ich hoffe, dass du mir diese ganzen Fragen heute beantworten kannst. Was macht circuly, was ist das Problem, das ihr lösen möchtet, warum gibt’s das Ganze?
Victoria Erdbrügger: Ja, die klassische Pitch-Situation eines Start-ups, sehr gut. Lege ich mal los. Also, was macht circuly eigentlich? Wir machen Software für Unternehmen, und damit helfen wir Unternehmen ihre Produkte auch zu vermieten, statt nur zu verkaufen. Das kann man sich vorstellen, dass Unternehmen im Online-Shop zum Beispiel ihre Produkte normalerweise ja immer kuratieren und dann steht da „Jetzt kaufen“ auf so nem Button. Und was wir machen ist, wir implementieren da einfach einen zweiten Button, wo dann steht: „Jetzt mieten“. Das heißt, der Endkunde hat gleichzeitig die Möglichkeit, das Produkt zu kaufen oder zu mieten. Viele Shop-Systeme, die wir kennen, die bilden das einfach nicht ab. Das heißt, die können das nicht. Und da kommen wir ins Spiel. Wir lösen quasi Excel-Strukturen ab. Im Hintergrund, wo viele Unternehmen ihre Produkte gerade tracken, die schreiben in Excel-Tabellen rein, wo die Produkte vermietet sind, wer die gerade hat, wie lange die weg sind und wann sie wiederkommen. Und auf der anderen Seite geben wir eine tolle Costumer Experience zum Endkunden hin, wirklich vom Webshop bis zum Kunden-Login, wo die Kunden sich selbst administrieren können und bilden so das ganze Paket, das Operating-System für Mietmodelle.
Fabio Gressies: Okay, erste Frage, die mir direkt in den Kopf kommt, warum sollte ich mieten, statt kaufen?
Victoria Erdbrügger: Das ist wirklich eine Frage der Endkonsumenten. Wenn du jetzt als Endkonsument sagst, kaufe ich mir jetzt einen Kinderwagen zum Beispiel oder miete ich mir einen Kinderwagen? Dann kann das verschiedene Gründe haben. Du kannst zum einen irgendwie auf Basis des Preises entscheiden, weil wenn du ein Produkt mietest, natürlich einen günstigeren Einstiegspreis hast dazu. Wenn ich jetzt 3 Monate ein Produkt miete, zum Beispiel irgendwie einen Laptop oder so, weil meiner gerade kaputtgegangen ist, dann zahle ich halt 3 Monate Miete, anstatt irgendwie, ich weiß nicht, wie viele tausend Euro für das neue Produkt. Also es gibt ganz verschiedene Gründe, und der Trend nennt sich Access Over Ownership im Englischen oder ‚Mieten statt Besitzen‘ würde man wahrscheinlich im Deutschen sagen. Der ist total am Boomen momentan. Also, da gibt’s wirklich große Marktbewegungen, große Player, auch in Deutschland, die sich dahinbewegen. Und genau das möchten wir quasi für die breite Masse ermöglichen.
Fabio Gressies: Und woher kommt das? Ich finde das immer so interessant, wenn man jemanden vor sich sitzen hat, der von seinem eigenen Unternehmen redet. Dann ist das immer so, das ist das Einzige, was Sinn macht. Natürlich machen wir genau das. Woher kommt diese Sicherheit oder diese Idee? Bist du morgens aufgewacht und dachtest so: Ey, ich muss in diesem Markt mitmischen oder wie ist das zustande gekommen?
Victoria Erdbrügger: Das mir sowas irgendwann mal passiert, habe ich immer von geträumt – nein. So war es nicht, und zwar kommt die Idee tatsächlich von meinem Mitgründer Nick. Er ist Holländer und hat im E-Commerce-Business seiner Eltern tatsächlich gearbeitet. Und die haben Kinderwägen und Babyprodukte verkauft, und dann hat er irgendwann gesagt, als er seine Bachelorarbeit geschrieben hat, eben über Access Over Ownership, über das Thema und die circular economy, also die ‚Kreislaufwirtschaft‘ auf Deutsch …
Fabio Gressies: Ach, daher auch circuly – ah okay!
Victoria Erdbrügger: Da ist ein Hint dahinter. Hat er gesagt, hey, weißt du was, einfach mal machen. Hat sich 50 Kinderwägen gekauft und hat angefangen, diese Kinderwägen zu vermieten. Und weil er Computer Science studiert hat im Auslandssemester und super techaffin ist, hat er gesagt, ich programmiere einfach mal selber was – und das war im Prinzip der erste Grundbaustein von circuly.
Fabio Gressies: Ihr seid ein Tech-Start-up, das heißt, ihr habt ganz viel Technologie. Es geht nicht einfach darum, Produkte zu entwickeln und zu verkaufen, sondern dabei ganz viel Technologie, die vorher erstmal programmiert werden musste, die es vorher nicht gab, die ihr machen musstet. Wie ist es ein Tech-Start-up zu gründen, also, weil das ist ja am Ende, da hast du im Endeffekt vielleicht eine App, du hast einen Button auf einer Website und da drückst du drauf und wenn es nicht funktioniert, dann wirst du sauer: Das hat zu funktionieren! Aber wie ist dieser Weg dahin, von nichts zu diesem Button auf einer Website. Da ist ja so viel, was man eigentlich gar nicht sieht als Endkonsument. Was ist das für ein Weg, ein Tech-Start-up dann wirklich zu gründen?
Victoria Erdbrügger: Am Anfang hat das absolut gar nichts mit Tech zu tun, tatsächlich. Also, wir haben angefangen mit unserer Software in der Entwicklung einfach nur zu sketchen …
Fabio Gressies: Was heißt sketchen?
Victoria Erdbrügger: Wir hatten eine Werkstudentin bei uns im Team, die hat im Prinzip Mock-ups gemacht, in denen du einfach deine Idee einfach mal runterzeichnest. Also, so Anfänger wie ich hätten das einfach in einer PowerPoint-Präsentation gemacht, um es mal ganz dumm zu sagen. Die Programme, die unsere Werkstudentin genutzt hat, sind halt deutlich advanced. Da kannst du wirklich richtig coole Animationen machen und das Ganze so aufbauen, als wäre es eine funktionierende Software, aber im Endeffekt sind es einfach nur hübsche Bilder, die du aneinanderreihst, und wenn du irgendwo draufklickst durch Zufall ein anderes Bild kommt, und es sieht halt aus, als wäre es eine Software. Und genauso haben wir auch angefangen. Also wir haben das Ganze skizziert, Mock-ups erstellt und sind dann damit zu Kunden gerannt und haben gesagt: Hier guckt mal, das haben wir vor, wie findest du denn das? Das Feedback, was wir da gekriegt haben, war halt größtenteils echt mega gut, dass sie gesagt haben: Ja genau, was ihr da vorhabt, das ist mein größter Pain. Wenn ihr das entwickeln könnt, wir sind sofort dabei. Und genau so war es dann tatsächlich auch. Als wir angefangen haben mit der Software zu entwickeln, haben wir direkt, ich glaube in der ersten oder zweiten Woche nachdem wir eine GmbH waren …
Fabio Gressies: So also direkt auch alles auf eine Karte gesetzt? – Okay.
Victoria Erdbrügger: Also, als wir das Feedback gekriegt haben, so, der Markt hat gesagt, er braucht es. Dann haben wir gesagt, komm, GmbH it is, gegründet und in den ersten Wochen direkt ein paar Kunden gewonnen.
Fabio Gressies: Krass. Genau diese Geschichte willst du hier eigentlich erzählen, wenn du quasi Leuten das Gründen schmackhaft machen möchtest. War es dann auch wirklich so, wie du gerade gesagt hast, ihr habt gemacht und es hat sofort funktioniert?
Victoria Erdbrügger: Naja, was heißt, es hat sofort funktioniert? Es sind immer Kleinigkeiten, die funktionieren. Wenn von 100 Prozent mal ein Prozent funktioniert, dann bist du happy. Es ist Schritt für Schritt, was du machen musst. Du kannst nicht alles auf einmal machen. Und genau so sind wir da auch drangegangen. Wir haben immer wieder, ja, gepivotet würde ich nicht sagen, aber einzelne Module ausgetauscht, geändert. Das hat gar nicht mehr so viel unbedingt damit zu tun, wie es früher aussah. Aber die Funktionalitäten und die Idee dahinter oder das Problem, was wir angehen, ist immer noch genau das gleiche.
Fabio Gressies: Ich finde das immer so faszinierend, wenn aus einer – du hast doch gesagt, dass diese Ursprungsidee von Nick irgendwie kam, und wie hat das auf dich gewirkt, als er das erste Mal vorgestellt, oder wie habt ihr euch kennengelernt? Vielleicht quatschen wir da mal ein bisschen drüber, weil das ist ja auch irgendwie eine Entscheidung, ja wir machen das jetzt gemeinsam.
Victoria Erdbrügger: Ja, Nick und ich wurden tatsächlich verkuppelt, wenn du so willst.
Fabio Gressies: Echt?
Victoria Erdbrügger: Ja, genau. Und zwar waren wir beide in einem Programm, in der Founders Foundation in Bielefeld. Das ist eine gGmbH von der Bertelsmann Stiftung und die hat sich zum Auftrag genommen, Entrepreneure in der Region OWL zu fördern, vor allem im Bereich B2B SaaS, also Software. Und da ist Nick damals hingegangen, als er eben seinen Kinderwagen-Start-up hatte und Kinderwägen vermietet hat, weil er einen Office Space brauchte. Und so hat der damals auch die ersten Mitarbeiter von uns kennengelernt in dieser Community. Und ja, ich bin dann irgendwann auch zur Founders Foundation gekommen, habe damals gerade meinen Corporate Job gekündigt und keine Ahnung gehabt, so richtig, was ich machen wollte, hatte ein paar Ideen, auch mit einer Freundin zusammen. Und ja, in der Founders Foundation, ich hab die Leute da ein bisschen kennengerlernt, denen meine Idee gepitcht, und die Idee haben wir dann auch im Rahmen eines Programms da validiert, aber irgendwie haben wir kein passendes Businessmodell gefunden. Dann hat die Founders Foundation am Ende eigentlich gesagt, ey Vicky, du musst unbedingt mal Nick kennenlernen, ihr könntet voll gut zusammenpassen. Ihr seid vom Mindset super gleich und vom Skillset eigentlich total unterschiedlich, ihr müsst euch mal kennenlernen, ihr müsst euch mal treffen. Und das haben wir dann gemacht. Im November war das, letztes Jahr, und als Nick das erste Mal erzählt hat, was er da eigentlich vorhat, hatte er irgendwie noch sehr viel von seiner Kinderwagen-Idee erzählt und hat so ein bisschen angedeutet, dass es in irgendeine Richtung gehen soll. Und da habe ich gesagt, ganz ehrlich, so ganz verstehe ich das jetzt alles nicht, aber ich hab gerade nichts zu tun, ich hab voll Bock zu helfen und voll Bock zu gründen. Lass einfach mal gucken, ich unterstütze euch jetzt da, wo ich kann und dann gucken wir mal, wo es hinläuft. Und das hat einfach so gut gepasst bei uns beiden, auch vom gesamten Team, ja, dass wir im April dann gegründet haben.
Fabio Gressies: Cool. Das hat einfach gepasst?
Victoria Erdbrügger: Ja.
Fabio Gressies: Und war das für dich dann direkt irgendwie was, was dir leichtgefallen ist, zu sagen, wir machen das jetzt einfach, weil so oft ist es doch so, dass der typische Mensch denkt erstmal 10 Mal über irgendwas nach, bevor er es … was ist mit dem Risiko, wenn ich dadurch Pleite gehe? Was ist, wenn ich mir dadurch nichts mehr zu Essen kaufen kann? War das für dich leicht, zu sagen, ich probiere das jetzt einfach mal aus und guck, was vielleicht am Ende rauskommt oder war das schon ne Situation, wo du dachtest, was ist, wenn es schiefgeht? Also, wie war es für dich zu sagen, ich mach das jetzt einfach mal?
Victoria Erdbrügger: Ich glaube, meine Entscheidung zu gründen, die ist schon vor sehr, sehr langer Zeit gefällt worden. Ich komme selbst aus einer Unternehmerfamilie und ich kenn’s irgendwie nicht anders. Mein Vater hat vor 40 Jahren ein Unternehmen gegründet, sogar meine Oma hatte damals so ein kleines Lädchen, wo sie Klamotten verkauft hat bei sich zuhause. Und auch meine Mutter, alle irgendwie, mein Bruder führt das Unternehmen meines Vaters gerade weiter, meine Schwägerin ist auch selbstständig und ja, für mich war es irgendwie immer klar, ich gründe irgendwann auch mal mein eigenes Unternehmen. Hab dann studiert, Bachelor, Master, dachte ich, ich mach erstmal Sammelerfahrung bei großen Unternehmen. Hab ich dann auch gemacht, hat dann auch gereicht recht schnell. Und dann hab ich gesagt, gut, scheiß drauf, jetzt ist die Zeit, wenn nicht jetzt, wann dann? Hab gekündigt und das war eigentlich der Punkt, wo ich gesagt hab, ich mach’s jetzt einfach, ganz egal was kommt, ich mach’s jetzt einfach. Dementsprechend fiel mir die Entscheidung, dann bei Nick zu sagen, komm, ich mach’s jetzt einfach auch gar nicht mehr schwer, weil es war für mich gesetzt.
Fabio Gressies: Ey, das freut mich, so Sachen, wenn mir jemand sowas erzählt, das gibt mir immer selber so viel Energie. Ich finde das immer so schön, wenn jemand einfach macht …
Victoria Erdbrügger: Ja.
Fabio Gressies: … und ausprobiert, wie ist das jetzt, du bist ja jetzt auch Chefin geworden, du bist Gründerin. Du bist die, die oben mit Nick zusammensteht und verantwortlich ist. Wie ist das dann für die Leute, die jetzt für euch arbeiten. Ihr habt Personaler, also ihr habt nicht einen Personaler, ihr habt Personal, ihr habt Menschen, die für euch arbeiten, wie ist die Rolle für dich? Dass du sagst, ja ich trage jetzt auch Verantwortung, nicht nur für mich, sondern auch für andere Leute? Wie hat sich das irgendwie entwickelt? Oder wie fühlt sich das an?
Victoria Erdbrügger: Erstmal fühlt es sich gar nicht so groß an, sondern es fühlt sich für mich eher an, vielleicht kennst du es selber noch aus dem Studium oder sowas, wenn man eine Gruppenarbeit gemacht hat. Man hat so echt mit ein paar coolen Leuten zusammengesessen. Jeden Morgen erstmal eine Tasse Kaffee getrunken und ein bisschen gelacht und Scherze gemacht und genauso ist es bei uns auch. Also es fühlt sich nicht an, dass ich hier oben und Nick neben mir und die anderen da unten irgendwo, sondern es ist halt eher ein Team. Und klar sind Nick und ich so ein bisschen diejenigen, die vielleicht sagen: Hey, Leute, es geht jetzt da vorne rechts oder vorne links. Aber es ist zu keiner Zeit so, dass wir sagen, jetzt mach A, dann mach B, dann mach C, sondern es ist eher wie eine Gruppenarbeit an der Uni für mich, muss ich ganz ehrlich sagen. Und das ist auch das Coole daran. Ich mag es, Verantwortung zu übernehmen und wenn irgendwas schiefläuft, kein Problem, ich halte gerne meinen Kopf dahin. Aber solange nichts schiefläuft, soll jeder bitte das machen, was er am besten kann. Und das ist, glaube ich, auch der Teamspirit den wir haben, dass da keiner oben oder unten steht, sondern jeder genau das macht, was er am besten kann.
Fabio Gressies: Das ist halt auch ein bisschen böse vielleicht, aber die Gruppenarbeit in der Schule, da muss man die Mitglieder ja nicht bezahlen. Da ist ja alles for free. Wie handhabt ihr die Kohle, wie geht ihr damit um, wie kommt Geld her, wie funktioniert das bei euch?
Victoria Erdbrügger: Also erstmal hatten Nick und ich selber das große Glück, dass wir gefördert wurden vom Gründerstipendium.
Fabio Gressies: Ah ja gut, das kommt mir bekannt vor.
Victoria Erdbrügger: Dementsprechend war auch die Entscheidung von Nick und mir eben schon mal ein bisschen einfacher, sag ich mal, weil wir abgesichert sind. Und unser Team selber besteht zum Teil aus Werkstudenten, die halt eben nur unterstützend da sind, nicht Vollzeit für uns arbeiten, sondern eben nur Teilzeit. Und dann haben wir jetzt zwei Vollzeitmitarbeiter einstellen können, nachdem wir unsere erste Funding-Runde abgeschlossen haben mit nem Kölner VC, witziger Weise auch hier in NRW. Sprich wir können jetzt erstmal die nächsten Monate genauso operieren, wie wir jetzt gerade unterwegs sind, ohne dass wir pleitegehen, sage ich mal. Und ganz am Anfang waren es tatsächlich die 25.000 Kapitalanlage, von denen Nick und ich alles bezahlt haben.
Fabio Gressies: Dann müsstest du mir an der Stelle nochmal ganz kurz erklären, was ein VC ist. Du hast das gerade gesagt, einer ist bei euch eingestiegen. Kannst du mir das ganz kurz erklären?
Victoria Erdbrügger: Die Buchstaben VC, oder VC auf Deutsch, stehen für Venture Capital. Und Venture Capital ist im Prinzip Risikokapital. Also das sind Fonds, also im Prinzip auch Unternehmen, wenn du so möchtest, die ja darauf spezialisiert sind, Start-ups, also kleine Firmen, die Potenzial haben, schnell zu skalieren, Geld zu geben, also Risikokapital. Mit diesem Risikokapital wachsen dann eben die Start-ups.
Fabio Gressies: Das ist halt der Part, wo man auch so gar nicht drüber nachdenkt. Das ist das Eine, diese Idee zu haben und diese Idee umzusetzen, aber dann am Ende des Tages Geld zu haben und zu gucken, ich kann aber trotzdem irgendwie mein restliches Leben auch finanzieren, weil das ist ja – es ist ja das Eine, das Unternehmen zu machen, dass Andere, die Kohle dafür zu haben.
Victoria Erdbrügger: Ja, das stimmt auf jeden Fall.
Fabio Gressies: Und du hast jetzt gerade gesagt, dass ihr Investoren mit reingeholt habt. Wie ist das irgendwie so abgelaufen, habt ihr irgendwann gemerkt, unser eigenes Geld, oder das, was wir zur Verfügung haben, reicht nicht, wir brauchen jemanden. Oder habt ihr direkt schon vorab gewusst, wir brauchen jemand Größeren, damit wir direkt den Markt viel besser angreifen können?
Victoria Erdbrügger: Letzteres tatsächlich. Also wir sind ja in diesem Founders-Foundation-Umfeld in einem Netzwerk drin, wo es halt um B2B-SaaS-Start-ups geht, und B2B-SaaS-Start-ups sind typischerweise Start-ups, die sehr stark skalierbar sind, und dementsprechend sind wir in einem Umfeld, wo es quasi, sag ich mal, normal ist, dass du diesen VC-Weg gehst. Dass du sagst, hey, du gründest dein Unternehmen, versuchst mit dem bisschen Geld, was du da hast, weil das Geld ist schneller weg als du gucken kannst, ein Problem Solution Fit zu finden und genau rauszufinden, was ist eigentlich das Problem des Marktes. Und was bietest du als Produkt an, und löst das Produkt, was du hast, oder was du glaubst, was du bauen möchtest, in Zukunft das Problem des Marktes. Wenn du das gefunden hast und so langsam den ersten Schritt gemacht hast Richtung Produktentwicklung, vielleicht schon ein paar Kunden hast, also erste Attraction zeigen kannst, dann ist das eigentlich so die Zeit gekommen, dass du eben auch externe Kapitalgeber suchst, die dir Geld geben, um das schnellere Wachstum deines Start-ups zu fördern. Und genau den Weg sind wir gegangen, und das haben wir eben mit Venista hier in Köln geschafft.
Fabio Gressies: Was ist das für ein Gefühl, einfach, um da noch ein bisschen drüber zu reden, die Idee zu haben. Ich meine Nick hat die Idee mit reingebracht, aber du hast dazu beigetragen, dass es jetzt da steht, wo es ist. Was ist das für ein Gefühl, wenn auf einmal jemand anders einem Geld für etwas gibt, was man selber entwickelt hat. Und dieses Gefühl, einfach irgendjemand anders glaubt an einem. Oder vielleicht die Idee, die man jetzt auf dem Tisch liegen hat und sagt, das wollen wir jetzt machen. Was ist das für ein Gefühl, was macht das mit einem?
Victoria Erdbrügger: Total witzige Frage. Nick und ich haben da wirklich sehr, sehr lange darauf hingearbeitet, dass wir eben, ich weiß nicht, wir haben mit 40 VCs gesprochen oder so.
Fabio Gressies: Echt?
Victoria Erdbrügger: Die sind aber alle auf uns zugekommen, also wir haben keinen Finger gekrümmt. Das ist eine total verrückte Branche. Und das zu so einer frühen Phase. Wir hatten noch nicht mal eine GmbH, damals. Also das war vor April. Mit dem VC, den wir jetzt haben, das lief dann so im Mai, Juni, haben wir da die Verträge gemacht. Und als das passiert ist, als die Unterschrift da war, war das irgendwie ein Tag, wie jeder andere Tag tatsächlich.
Und Nick ist verheiratet, und seine Frau meinte dann auch so, sag mal Nick, willste nicht mal eine Flasche Prosecco aufmachen, wollen wir nicht mal anstoßen und freust du dich gar nicht? Weil er genauso war, wie sonst auch immer. Ich aber auch, und er erzählte das am nächsten Tag und meinte so, Vicky, hast du gefeiert – und ich so, ne geht weiter jetzt, oder? Es gibt einem super, super viel Kraft und wie du sagst, irgendwo Vertrauen in einen selber, weil jemand Anderes an einen glaubt. Aber es geht genauso weiter wie vorher, nur ein bisschen mehr Gas vielleicht.
Fabio Gressies: Dann lass uns vielleicht nochmal so ein bisschen über das reden, was ihr eigentlich macht. Du hast es am Anfang kurz beschrieben, ganz grob runtergebrochen, geht es darum, dass ihr den Menschen die Möglichkeit geben wollt, Produkte zu mieten. Du sagst, es wird sehr gut angenommen, aber wieso hat das vor euch noch niemand gemacht, also warum gibt es das bisher noch nicht. Warum – das ist ja oft so, man denkt: Na klar, natürlich. Wenn jemand sagt, ich hab da mal ne Idee, ich hab da was gemacht und es hat funktioniert. Aber wieso ist es noch nicht normal, das quasi zu tun.
Victoria Erdbrügger: Ich glaube der Markt ist in einer sehr frühen Phase. Wir haben natürlich sehr viel Recherche betrieben, um das selber für uns auch ein bisschen einzustufen und haben da in verschiedenen Ecken geschaut. Also, es gibt auf der einen Seite natürlich die Kunden, die Endkunden, die mieten müssen, damit unser Geschäftsmodell erfolgreich wird. Dann haben wir selber mal ne Studie gemacht, weil, wie validierst du einen Markt besser, als mit einer repräsentativen Studie. Und haben 1.000 Leute befragt, also jetzt wirklich nichts Kleines, sondern 1.000 Leute im Alter von 16 bis 45. Wie sie dieses Konzept finden und ob sie selber schon mal Produkte gemietet haben und all so was. Und wirklich auf Langzeit oder mittel- bis langfristige Miete gedacht das Konzept. Und da haben wir super, super Feedback gekriegt. 76 Prozent der Befragten finden das Konzept erstmal super gut. Vor allem in der Zielgruppe von 35 bis 45 Jahren haben sogar 50 Prozent schon mal etwas gemietet. Bei deutschen Anbietern vor allem. Es gibt ja Einiges im Gebiet Elektronik oder Fahrräder, da kommen wirklich gefühlt Woche für Woche neue Anbieter auf den Markt, wo man sich halt eben auch Produkte mieten kann. Was halt auch so ein Indikator dafür ist, dass der Markt einfach ein Wachstumsmarkt ist. Dass es vielleicht Stand heute noch gar nicht so viele Angebote sind, war übrigens auch ein Feedback aus der Umfrage. Das Produkt, was ich mieten wollte, da gibt es irgendwie keinen Anbieter für. Auch interessant. Auf der anderen Seite ist es die Unternehmensseite, also wer bietet das denn eigentlich an? Und da gibt’s zum einen eben diese kleinen Unternehmen, die das anbieten und die meistens auch nichts Anderes machen, außer Produkte vermieten. Aber auch super viele große Brands, die wir alle kennen, die in den Mietmarkt eintreten. Und das passiert so die letzten ungefähr 3 Jahre. Also die meisten großen Brands haben 2017, 18, 19 so Mietservices oder Product-as-a-Service-Modelle, je nachdem wie du es nennen möchtest, gelauncht und testen damit in verschiedensten Märkten vor allem in Europa, aber auch in Australien witziger Weise, diese Angebote aus. Mittlerweile, also was wir von denen, mit denen wir gesprochen haben, gehört haben, mit sehr, sehr gutem Feedback.
Fabio Gressies: Und natürlich, das ist jetzt direkt auch wieder – ich hasse diese Fragen selber, aber man muss sie irgendwie stellen. Wie verdient ihr Geld? Was ist quasi das Geschäftsmodell dahinter? Ihr seid ja kein eigener Shop oder kein eigener Anbieter, sondern ihr speist euch ja quasi in das externe Unternehmen ein und sagt, guck mal, wir haben da die Plattform, die Technologie und wir würden euch helfen. Wie funktioniert das im Bezug auf den Gewinn von euch?
Victoria Erdbrügger: Wir sind ein Software as a Service Provider, das heißt, wir nehmen quasi eine Nutzungsgebühr, dafür, dass unsere Kunden unsere Software benutzen können. Das ist halt für ein Bussinessmodell aus unserer Erfahrung her das Beste, was du machen kannst, weil du halt jeden Monat immer wieder Zahlungsströme hast oder jedes Jahr, je nachdem, was du für 'ne Billing Period du hast. Das sehen vor allem Investoren auch sehr, sehr gerne, weil wenn du einen Kunden gewinnst, dann hast du jeden Monat x Euro. Wenn du zwei Kunden gewinnst, dann hast jeden Monat y Euro und das bricht nicht ein, außer der Kunde kündigt dir. Also dieser wiederkehrende Umsatz ist deutlich besser gesehen, als der transaktionale Umsatz, den du vielleicht einmal hast in so einem Sell-off, also in einem Online-Shop, wenn du was verkaufst zum Beispiel.
Fabio Gressies: Was ist denn, wenn du jetzt auf die Zeit von euch beiden zurückguckst, seitdem alles angefangen hat, wo ihr jetzt steht, was ist das, wo du vielleicht am meisten stolz drauf bist?
Victoria Erdbrügger: Was ich unfassbar cool finde ist, dass Nick und ich uns seitdem kein einziges Mal gestritten haben.
Fabio Gressies: Echt?
Victoria Erdbrügger: Ne. Gibt’s nicht, das gibt’s einfach nicht bei uns. Ich kann’s dir nicht erklären. Wir kennen uns ja wirklich auch erst seit November, das ist ja noch nicht mal ein Jahr. Egal was ist, es gab schon viele beschissene Situationen, ohne Frage. Auch super viele tolle Situationen, wie unsere Funding-Runde, aber irgendwie sind wir beide so rational miteinander, dass da nie irgendwas geknallt hat bislang.
Fabio Gressies: Also, ihr schafft es, die Emotionen zurückzuhalten und auf das Wesentliche fokussieren.
Victoria Erdbrügger: Ja. Eben. Man redet über eine Sache, und man möchte eine Lösung finden, und man schmeißt sich nicht gegenseitig irgendwelche Beleidigungen an den Kopf oder sowas. Und das finde ich richtig cool. Und ich glaube, das macht auch in einem Gründerteam, dass es da so eine Basis gibt, die einfach immer da ist, wo man sich nicht streitet, finde ich mega, mega wichtig.
Fabio Gressies: Macht doch total Sinn. Macht total Sinn.
Victoria Erdbrügger: Aber ich glaube das ist gar nicht so – bei vielen nicht so.
Fabio Gressies: Aber vielleicht passt es einfach bei euch beiden.
Victoria Erdbrügger: Ja, glaube ich auch.
Fabio Gressies: Und so die nächsten Schritte für euch, also was steht jetzt bei dir auf der ToDo-Liste für die nächsten – oder bei euch? Einfach so die Sachen, wo du sagst, das sind jetzt die nächsten Meilensteine für uns, die wir gerne abarbeiten möchten?
Victoria Erdbrügger: Also, es ist wirklich das Thema Fokus. Unser Fokus jetzt gerade ist, dass wir weitermachen in der Produktentwicklung, und, das ist halt eben Nicks Steckenpferd, also dafür ist er zuständig. Ein paar weitere Produktfeatures entwickeln, sodass wir noch einen größeren Mehrwert stiften für unsere Kunden, die die jetzt schon nutzen. Und ich auf der anderen Seite mit der Unterstützung der tatkräftigen Werkstudenten sind dann dafür da, noch mehr Kunden ranzukriegen. Ein großes ToDo auf meiner Seite ist jetzt erstmal, mich einzulesen in das Thema Online Marketing. Habe ich keine Ahnung von, aber muss eben irgendwie funktionieren und habe ich auch richtig Bock drauf, das zu lernen, und das wird jetzt so die nächsten hoffentlich paar Tage oder Wochen erstmal nur in Anspruch nehmen, bis ich‘s umsetzen kann auch. Aber das wird auf meiner Seite so anstehen.
Fabio Gressies: Das klingt total gut. Danke, dass du das gerade alles so erzählt hast.
Victoria Erdbrügger: Gerne.
Fabio Gressies: Ich hab’s genossen. Und jetzt habe ich voll den Durchblick, was ihr so treibt.
Victoria Erdbrügger: Sehr gut.
Fabio Gressies: Vicky, es freut mich total, dass du so offen warst und so viele Sachen geteilt hast.
Victoria Erdbrügger: Sehr gerne.
Fabio Gressies: Ich bin mega gespannt, wo es hingeht mit circuly.
Victoria Erdbrügger: Ich halte dich auf dem Laufenden.
Fabio Gressies: Danke für deine Zeit und vor allem für deine Ehrlichkeit. Und wir hören uns hier in der nächsten Folge des #NeueGründerzeit Podcasts wieder. Bis dahin, euer Fabio, tschau!
Bei der Gründung von circuly haben Victoria und ihr Start-up-Partner Nick alles auf eine Karte gesetzt. Denn man erkannte bereits in einer frühen Phase der Produktentwicklung: Der Markt ist offen für die Software-Lösung – da geht was. Wie und wo die beiden als Gründende quasi verkuppelt wurden, wie ihr Weg von der Gründung der GmbH bis heute verlaufen ist, welche Gründungsunterstützung sie hatten und wie es sich anfühlt, ein Team zu führen – das alles sind Themen, die Fabio Gressies mit Victoria Erdbrügger diskutiert.
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