„Wir wollen nahtlos verbundene Shopping-Erlebnisse bieten“, so beschreibt Sophie Frères, die mit ihrem Ehemann gegründet hat, ihr Unternehmen LiSA. Wie das Ehepaar die Idee entwickelt hat und wie sehr der boomende Markt für Live Shopping ihr Produkt beflügelt, beschreibt die Gründerin hier.
LiSA – Live Shopping Assistant (This content is only available in German.)
Sophie Frères
„Show-Pony“ und „Daniel Düsentrieb“, das sind die Spitznamen, die sich Sophie Frères und ihr Mann gegeben haben – und die sehr gut beschreiben sollen, wie ihre Rollenverteilung innerhalb von LiSA ist. #Gründen.NRW bietet Sophie Frères einen Einblick in ihre Gründungshistorie.
Und die erstreckt sich vom ersten Zusammentreffen mit ihrem heutigen Ehemann in einem großen Handelskonzern, damals noch im Angestelltenverhältnis, über der Produktion eines LiSA Prototypen und einige Lessons learned bis hin zur heutigen Expansion des Unternehmens über die Grenzen von Europa hinaus in den Nahen Osten und die USA.
LiSA steht für Live Shopping Assistant. Damit ist eigentlich alles und für die Leserinnen und Leser hier wahrscheinlich noch nichts gesagt. Deshalb fragt #Gründen.NRW nach. Liebe Sophie Frères, was genau macht denn LiSA? Und wie fühlt es sich an, mit dem Ehemann ein Unternehmen aufzubauen und zu führen?
„Wir bieten mit LiSA speziell für den Einzelhandel eine Plattform an, Produkte live über die eigene Website, aber auch Social-Media-Kanäle zu verkaufen. Das geht ganz einfach. Per Livestream werden die Produkte den Nutzenden gezeigt und erklärt. Nutzende können sie direkt über den Stream kaufen und interaktiv über die Chatfunktion Fragen stellen.“, so die ausführlichere Antwort zum Geschäftsmodell von LiSA. Und die Gründerin ergänzt: „Dafür braucht es keine aufwändige Kameratechnik. Mit einem einfachen Smartphone kann eine Shop Assistant zur Streamerin werden.“
Hinter LiSA liegt eine größere Vision, die das Gründer-Ehepaar verfolgt. Was genau, lassen wir uns von Sophie Frères erklären: „Wir wollen zu einer Architektur nahtlos verbundener Shopping-Erlebnisse beitragen. ‚Seamless Social Commerce‘ ist das Stichwort, das sich leider am besten im Englischen beschreiben lässt. Wir wollen Teil einer Ökosystem-Strategie sein, die wir nicht alleine umsetzen können. Dafür braucht es die großen Social-Plattformen und IT-Technologie-Anbieter. Und auch Geduld. Denn Technik und Markt sind noch nicht so weit. Die Zeit bis zur Erreichung dieses Ziels, überbrücken wir aktuell mit dem Vertrieb von Software-Lizenzen an eShop-Betreibende – dem heutigen Produkt von LiSA. Parallel bauen wir eine Community auf. Denn so bekommen unsere Kundinnen und Kunden neben der Software einen echten Mehrwert und Zugang zu Käuferzielgruppen.“
Ein Fehler verhalf zum Erfolg
Die Idee für Live Shopping nahm bereits vor über zehn Jahren Form an – sowohl bei Sophie Frères als auch bei ihrem Ehemann. Im Rahmen einer Angestelltentätigkeit für einen großen Handelskonzern hat sich das Paar nicht nur kennen- und lieben gelernt, sondern auch verstanden, dass Livestreaming immer wichtiger werden wird im Vertrieb. „Jede und jeder von uns kann durch ein einfaches Smartphone zum Creator werden. Ich habe mich also schon damals gefragt, wie die Zukunft des Einkaufens aussehen wird. Auch meine MBA-Abschlussarbeit habe ich dem Thema gewidmet“, sagt Sophie Frères. Ihr Ehemann ergänzt die Eigenschaften von Sophie Frères. Er kommt nicht so sehr aus Inhalt und Visualisierung des perfekten Shopping-Erlebnisses, sondern aus Richtung der Technik.
„Show-Pony“ und „Daniel Düsentrieb“, so die gegenseitigen Spitznamen der Frères füreinander, haben sich gesucht und gefunden. Zusammen wurde ein erster Prototyp für das Kindermodegeschäft der Schwiegermutter entwickelt. „Im Nachhinein wissen wir, dass wir Fehler gemacht haben. Elemente haben nicht so funktioniert, wie sie sollten. Wir haben den Prototypen jedoch als Spielwiese genutzt. Irgendwann ist dann der Groschen gefallen“, beschreibt Sophie Frères einen der Aha-Momente der Firmengeschichte. Was hier leicht klingt, bedeutete immer wieder Überwindung und den absoluten Glauben an sich selbst. Denn im Umfeld des Paars glaubte niemand wirklich an einen Erfolg. Vielmehr schüttelten Freunde und Familie den Kopf darüber, dass Sophie und ihr Mann stoisch weitergemacht haben. „Ja, es war eine Überwindung,“ gesteht die Gründerin, „nach der Niederlage mit dem Prototypen weiterzumachen. Mein Mann und ich haben uns aber gesagt, wir machen das, bis der letzte Groschen unseres Ersparten aufgebraucht ist. Wir wussten, dass es funktionieren muss und wird. Wir waren sehr früh im Markt – zu früh für viele Händlerinnen und Händler.“
Auf die Frage, um was es sich bei dieser Haltung handelt – um Stoizismus, Verbohrtheit oder zu stolz zum Scheitern zu sein –, antwortet Sophie Frères ohne zu zögern mit einer Rückfrage: „Was hätte uns denn im schlimmsten Fall passieren können? Wir wären um einige Euros ärmer, aber reicher an Erfahrung. Mein Mann und ich haben eine fundierte Ausbildung und mehr als zehn Jahre Berufserfahrung. Würden wir wirklich mit unserem Unternehmen scheitern, könnten wir sehr schnell wieder ein Angestelltenverhältnis eingehen.“
Der Beziehungsstatus als Finanzierungshürde
Beim Thema Geld und Finanzierung wollen wir in dieser Gründungsgeschichte noch etwas verweilen. Denn Sophie Frères teilt mit uns einige persönliche Einsichten und Erfahrungen aus Finanzierungsrunden mit möglichen Investoren. „Die größte Hürde für unser Unternehmen war die finanzielle Unplanbarkeit und damit Unsicherheit aufgrund des sehr frühen Markteintritts mit einem Produkt, das noch sehr innovativ ist.“ Deshalb ist es dem Paar auch nicht leichtgefallen, Geldmittel einzuwerben. Dazu kommt ein weiterer Aspekt: „Wir mussten uns durchboxen im Funding, weil viele Kapitalgeber zurückgeschreckt sind mit einer Frau an der Spitze des Unternehmens, die auch noch mit dem Co-Gründer verheiratet ist. Wir haben nicht damit gerechnet, dass es so schwer sein würde. Wir können sagen, dass wir drei- bis viermal so viele Gespräche führen mussten für das gleiche Ergebnis als Gründende in anderer Konstellation.“ Warum aber ist das so? Aus Sicht von Sophie Frères spielen dabei persönliche Vorurteile der Investoren eine Rolle. „Man unterstellte uns, dass die Beziehung als Ehe- und als Unternehmenspartner nicht gutgehen können. Dem liegen wahrscheinlich persönliche Erfahrungen oder Hörensagen zugrunde.“
„Die gemeinsame Arbeit an einem Ziel, schweißt meinen Mann und mich zusammen.“
Sophie Frères sieht in ihrer Konstellation als Paar nur Vorteile: „Die gemeinsame Arbeit an einem Ziel schweißt uns zusammen. Wir haben gleiche Interessen und damit auch volles Verständnis füreinander, z. B. wenn mein Mann oder ich bis tief in die Nacht an etwas arbeiten, weil wir es fertigmachen wollen. Außerdem setzen wir LiSA mit Blick auf unsere Familienplanung optimal auf.“
Das Unternehmen beschäftigt heute rund 15 Mitarbeitende – in Deutschland, aber auch in Großbritannien, Spanien und Ägypten. Die Expansion in die USA ist gestartet. Neben Wachstum gilt es, die Markenbekanntheit zu steigern. Denn man möchte den zwei Platzhirschen am Markt, die ähnliche Produkte anbieten, die Stirn bieten. Deshalb geht es dem Gründungsehepaar auch darum, sich strategisch personell zu verstärken. „Wir suchen Personen, die mit uns die Vision hinter LiSA vermitteln und eine Marktsondierung vornehmen können. Für uns gehört es für einen CTO nicht nur dazu, das Produkt technisch, sondern immer auch strategisch weiterzuentwickeln.“
Empathie als optimale Gründungseigenschaft
Interessant sind dabei auch die Gedanken, die Sophie Frères zur Frage nach den idealen Gründungseigenschaften teilt: „Jeder und jede wird Resilienz antworten. Das ist auch nicht falsch. Im Sinn von Durchhaltevermögen braucht man das allemal. Die Spreu vom Weizen wird sich zukünftig aber aus meiner Sicht trennen durch Eigenschaften wie Empathie und Intuition. Alle Unternehmen haben letztlich denselben Datenpool zur Verfügung mit Fakten über die Zielgruppen. Wie man aber mit diesen Datenmengen umgeht und welche besonderen Schlüsse man daraus zieht, wird gute Unternehmerinnen und Unternehmer von weniger guten unterscheiden. Es wird auch um die Frage gehen, wie sehr ich mir selbst vertraue, auch wenn mein Umfeld Nein sagt. Setze ich dann trotzdem alles auf eine Karte und vertraue meinem Bauchgefühl?“
Und als abschließenden Tipp gibt uns Sophie Frères für alle Leserinnen und Leser, die auch eine Gründungsidee haben, mit auf den Weg: „Das Wichtigste in dieser Phase ist es, einen Prototypen zu produzieren und in der Zielgruppe zu testen. Traut euch und legt pragmatisch los. Seid ergebnisoffen. Lernt aus den Testergebnissen. Verbessert das Produkt. Und lasst immer die Frage mitschwingen, ob euer Produkt einen wirklichen Mehrwert hat und ein Problem löst oder ob ihr euch nur in eine Idee verliebt habt.“
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