Das geht überhaupt nicht ohne Netzwerk, also es ist das A und O. Total anstrengend, aber macht auch echt Spaß und wenn man dann merkt, das eine kommt zum anderen und die eine Empfehlung hilft dann irgendwann 4 Monate später weiter mit einer anderen Empfehlung … Das sind die Dinge, an denen ich mich gerade, positiv gesehen, entlang hangele.
Fabio Gressies: Hallo Max!
Max Salamon: Hallo Fabio!
Fabio Gressies: Grüß dich. Schön, dass wir heute zusammen in einem Raum sitzen. Du hast schon gesagt, dein Weg war nicht all zu weit heute. Wir haben uns in Düsseldorf getroffen, wir sind gerade in Düsseldorf und du bist der Gründer von „The Colony“. Da würde ich heute gerne ein bisschen mit dir drüber reden. Möchtest du vielleicht ganz kurz zum Anfang einfach mal sagen, was ist „The Colony“ und was macht „The Colony“?
Max Salamon: Gerne. Ich versuche mich als Betreiber für Lücke-Nische-Leerstand und versuche quasi in städtischen Potenzialen, also sprich ungenutzten Gebäuden, in Baulücken, Eckgrundstücken, auch auf Parkplätzen, also alles das, was in der Immobilienwirtschaft üblicherweise nicht irgendwie bedient wird, entweder über den modularen Holzbau oder über Umbaumaßnahmen, Reaktivierungsmaßnahmen, primär Wohnraum zu schaffen, bezahlbaren, möglichst ökologisch gebauten und umgebauten Wohnraum zu schaffen und/oder Communities zu entwickeln, also sprich Kreativgemeinschaften, Existenzgründergemeinschaften, Manufakturen, Leben, Essen, Arbeiten, Feiern, Spaß haben, also alles das, was irgendwie zum Wohnen und zum guten Leben noch dazugehört.
Fabio Gressies: So was du gerade erzählt hast, merke ich, du bist ein Mensch, der gerne Menschen um sich herum hat – Community. Irgendwas zu erschaffen, wo man zusammen wohnen und Spaß haben kann, ist das der Antrieb, zu sagen, „ich möchte Communities schaffen, Menschen die Möglichkeit geben, zusammenzukommen“?
Max Salamon: Teils, teils. Zum einen gibt es natürlich auf dem Immobilienmarkt nicht wirklich ein Angebot für Leute, die flexibel sein wollen, möchten, müssen – zumindest keins, was nachhaltig ist, was gemeinschaftsbasiert ist und auch noch bezahlbar. Das heißt, ein Ansatzpunkt ist tatsächlich, zu gucken, wie kann man denn diese Spirale, dass alles immer teurer wird und das Wohnen und Leben immer teurer wird, durchbrechen? Welche Möglichkeiten gibt’s für eine Quersubventionierung oder das Thema anders anzugehen, als es die Immobilienwirtschaft tut. Das hat mich gereizt aus der eigenen Situation raus, dass ich festgestellt habe, fast 70 % meiner Lebensarbeitszeit für Vermieter zu opfern, also für das Geld, was ich brauche, um selbst zu wohnen. Und tatsächlich der andere Antrieb: Wenn du so oft die Location wechselst, fängst du immer wieder von vorne an. Als Student easy, im ersten Job auch noch easy. Du lernst immer leicht neue Leute kennen und je älter du wirst, desto schwieriger wird das. Das heißt, du bist irgendwann mal sozial isoliert und da muss man jetzt nicht zwangsläufig Freelancer sein. Es gibt in Großstädten so viele Menschen, die allein leben und isoliert sind und das nicht freiwillig sind, sondern weil sie einfach keinen Anschluss mehr haben und finden, weil es kompliziert ist. Und dort ein Angebot zu schaffen, dass man sagt, man denkt einfach Wohnen ein bisschen anders, nicht jetzt irgendwie „Kumbaya“ und wir müssen jeden Abend am Lagerfeuer zwangsweise zusammensitzen und uns alle liebhaben, nein, aber die Möglichkeit zu haben, vielleicht einen anderen Ansprechpartner heute Abend als nur den Concierge oder den Barkeeper in der Hotellobby zu haben, um mal ein Bierchen zu trinken oder irgendwie Kontakte zu knüpfen. Und dort so einen Mainstream-Mittelweg zu finden, also Ökologie und Soziales einfach in die Masse zu bringen, das war meine Idee oder ist mein Versuch letztendlich. Und es sind beides Themen, die eigentlich mein Leben bewegen oder bewegt haben.
Fabio Gressies: Wie waren denn die letzten 2 Jahre für dich? Ich würde mal sagen, weltlich gesehen war das ganz schön chaotisch. Wie hat sich das auf dich, deinen Alltag, deine Firma, ausgewirkt?
Max Salamon: Ja, tatsächlich würde ich nicht sagen, dass ich zu den Corona-Gewinnern gehöre (lacht) wie andere Branchen. Ich hatte 2019 die Gründung vorbereitet, hatte potenzielle Mitgründer kennengelernt, habe Gespräche geführt mit Business Angels, also mit Privatleuten, die interessiert waren, die das Thema spannend fanden, die Geld mitbringen wollten. Diese Kooperation sollte auf der „Mobile World“ in Barcelona im Februar 2020 besiegelt werden, mit großer Standparty und allem Pipapo und dann war das das erste große Event, was eben abgesagt wurde wegen Corona. Und die potenziellen Investoren haben an diesem Wochenende, würde ich mal behaupten, wahrscheinlich 500.000/600.000 Euro in den Sand gesetzt, was sie dann dazu bewogen hat, sehr kurzfristig auszusteigen. Von deren Seite aus nachvollziehbar, von meiner Seite aus war es halt ein „Mit 180 gegen die Wand fahren“, weil Job gekündigt und kurz danach kam dann auch die Meldung von den potenziellen Mitgründern: „Ja, nee. Das ist uns alles gerade ein bisschen zu heiß. Wir bleiben mal lieber in unseren bisherigen Jobs und wir können ja mal locker in Kontakt bleiben.“ Zusammenfassend, mit dem, was ich selbst investiert hab, hat mich Corona mittlerweile 550.000, fast 600.000 Euro gekostet.
Fabio Gressies: Wie schaffst du es denn, da standhaft zu bleiben und nicht die Handtücher hinzuwerfen und zu sagen: „Wenn die ganze Welt sich gegen mich gestellt hat, vielleicht ist es Zeit, aufzugeben.“ Wie schaffst du es hier zu sitzen und trotzdem weiterzumachen?
Max Salamon: Es ist eine Mischung aus bayerischer Sturheit (lacht), „Rocky“-Mentalität und ein Stück weit vielleicht auch Mangel an Alternativen. Also wäre mir jetzt irgendwann in der Zwischenzeit ein total tolles Jobangebot zugeflogen, wäre ich vielleicht in Versuchung gekommen, das Ganze einfach mal nicht für immer und ewig zu machen, oder für 1, 2, 3 Jahre auf Stand-by zu legen oder nur noch nebenbei zu machen. Vielleicht muss es jetzt wirklich mit dem Kopf durch die Wand sein. Wenn man dann, wie jetzt am Wochenende, eine Meldung liest, wo ich nicht wusste, ob ich lachen oder heulen soll – ein französischer Co-Living-Anbieter, der sich auch gewisse nachhaltige Themen auf die Fahne schreibt, der witzigerweise „Colonies“ heißt, wurde gerade mit 1 Milliarde investiert – und ich werde immer gefragt, wer mich denn braucht oder was denn so mein Case ist und wieso denn irgendjemand bei mir investieren sollte. Dem kann ich jetzt zwar sagen, „ja, hier, offensichtlich gibt es den Bedarf und offensichtlich gibt es auch Leute, die den sehen und investieren wollen, witzigerweise nennen sich die Leute dann auch noch sehr ähnlich“, aber auf der anderen Seite ist es schon sehr frustrierend, wenn du dann sagst: „Wieso die und nicht ich?“ Also, ich bin auch nur ein Mensch, deswegen ein lachendes und ein weinendes Auge.
Fabio Gressies: Der Kampf des kleinen Unternehmers, du. Was ist denn das, was du in der Zeit der Selbstständigkeit über dich gelernt hast, was du vorher nicht wusstest?
Max Salamon: Das ist eine spannende Frage – nicht vorbereitet. Dass ich tatsächlich noch viel leidensfähiger bin, als ich erwartet hatte. Existenzängste, die kenne ich tatsächlich, so blöd wie es klingt, wirklich seit ich Anfang 20 bin, aber die haben jetzt noch mal ein ganz anderes Level erreicht. Also es gab Wochen, wo ich wirklich nicht mehr wusste, wo ich die Kohle fürs Einkaufen herholen soll und wie ich meinen Hund und mich irgendwie versorgen kann. Das war schon hart und die Situation irgendwie dann doch zu meistern und damit klarzukommen und trotzdem nicht den Mut komplett zu verlieren, hätte ich vielleicht vor 15 Jahren oder selbst vor 10 Jahren auch nicht so von mir erwartet. Und tatsächlich werde ich ja auch nicht jünger und es heißt ja oft, dass man alten Hunden nur schwer neue Tricks beibringen kann. Ja, man liest nicht mehr ganz so schnell, man ist nicht mehr ganz so schnell dabei, alle Zusammenhänge zu erfassen, aber ich merke, ich bin noch genauso neugierig wie mit 18 oder als Kind und das möchte ich mir auch ganz gerne erhalten.
Fabio Gressies: Ja, kann ich gut nachvollziehen. Was sind denn da bei dir die nächsten Schritte oder die Projekte, an denen du gerade arbeitest? Gibt es da was Aktuelles, wo du sagst: „Das hat Potenzial, da könnten wir vielleicht den ersten Schritt machen und das Ganze jetzt wirklich richtig ins Rollen bringen!“?
Max Salamon: Ja, 2, 3 schöne Sachen eigentlich. Ich habe hier in Düsseldorf tatsächlich an einer Konzeptvergabe teilgenommen, der Stadt Düsseldorf, wo ich mit einem coolen Architekturstudio aus Mainz zusammen und mit einem Investor hier aus Düsseldorf ein, wie ich finde, ziemlich geiles Konzept abgegeben habe (lacht), wo morgen tatsächlich das Bietergespräch mit der Stadt ist, also das heißt, wir sind schon mal in der Runde der letzten, keine Ahnung, 1, 2, 3. Das ist was, wo ich jetzt viel Hoffnung draufsetze, dass das klappt. Dann bin ich schon relativ lang auch mit einem Eigentümer mitten in der Stadt hier in Düsseldorf dran, am Worringer Platz etwas zu entwickeln. Das wäre so eine mini WG-Geschichte, also ein Haus, komplett ungenutzt, aber mit sehr viel Gemeinschaftsfläche und ein cooler Ansatz für diesen schwierigen Hotspot. Also das ist halt Bahnhofsviertel, kennt man. In jeder Stadt ist das Bahnhofsviertel schwierig, mit der entsprechenden Klientel, und dort mal so ein grünes, soziales Highlight zu setzen, auch wenn es eben nicht groß ist, wenn es nur für 15, 16 Leute am Ende ist, das wäre mir und dem Eigentümer persönlich wichtig. Und dann habe ich Anfang des Jahres eine Projektkooperation angefangen mit Urban Beta, einem coolen Architekturstudio, die zur Hälfte in Kiel und Berlin sitzen, mit Außenstelle in New York sogar, die ein sehr innovatives Holzbausystem entwickelt haben, was noch mal ein bisschen anders funktioniert als der modulare Holzbau. Die habe ich vor ein paar Monaten kennengelernt und wir testen gerade aus, wie wir zusammen funktionieren, wie das läuft. Und mein Partnernetzwerk, was ich mit reingebracht habe, die haben ein großes Partnernetzwerk, was vielleicht mir an der ein oder anderen Stelle hilft … Und es ist, würde ich jetzt mal so sagen, ein geschwisterliches Nebeneinander mit der Option auf mehr. Und das sind so die drei Dinge, die mich gerade schwer beschäftigen und wo ich relativ viel Hoffnung draufsetze, dass da im Idealfall alle drei klappen, aber wenigstens eins davon auf Dauer.
Fabio Gressies: Was ist denn so deine große Vision mit „The Colony“? Wo soll das Ganze mal hingehen, wenn du einfach sagst, „alles läuft jetzt dem Optimalfall entsprechend und wir haben jetzt keine großen Rückschläge“, die wahrscheinlich immer mal wieder dazugehören, aber was ist das „Big Picture“?
Max Salamon: Jetzt mal ganz visionär und ein Stück weit vielleicht auch blauäugig und naiv: Ich möchte wirklich in möglichst vielen Städten, und nicht nur in Deutschland, sondern tatsächlich in Europa und vielleicht weltweit, wenigstens einen Standort haben. Ich fände es schön, wenn „The Colony“ irgendwie mal eine bekannte Marke werden würde, die Leute mit etwas Positivem assoziieren und sagen: „Okay, wenn ich mir eine Wohnung suche oder wenn ich irgendwie was Eigenes aufziehe oder einfach die coolste Community besuchen will, in der immer was los ist, dann gucke ich erst mal, ob es da eine Colony gibt.“ Das wäre für mich das Größte überhaupt.
Fabio Gressies: Mich würde jetzt interessieren, wie die Verbindung zwischen dir und KUER.NRW zustande gekommen ist, das ist der Businessplan-Wettbewerb? Kannst du mir da ein bisschen was zu erzählen?
Max Salamon: Klar. Ich komme ja aus der Zeit, wo das Ganze noch Existenzgründung hieß, also so vom Alter her. Da macht man sich natürlich, wenn du gründest, auf die Suche nach Dingen, die dich vorwärtsbringen können, ob jetzt eben Netzwerkpartner, potenzielle Investoren, Veranstaltungen, Wettbewerbe, irgendwelche Acceleratoren, Hubs, die dich irgendwie unterstützen, fördern, nach vorne bringen können, die dir Sichtbarkeit verschaffen. Das haben alle Start-ups, denke ich, gemein und da war nach kurzer Recherche dieser KUER Businessplan-Wettbewerb einer der Wettbewerbe, die relativ groß waren, starke Partner hatten, in der Nähe waren und durch diese, ich sage mal, ministeriale Verbindung oder diese politische Verbindung für mich relativ wichtig erschienen sind, weil ich gedacht habe, damit kannst du dein politisches Netzwerk vielleicht auch aufbauen und was auch cool war, im Sinne von Businessplan: Was heißt das denn? Was verstehst du darunter? Was verstehen andere Leute darunter? Und tatsächlich diese ganze Beratungsnummer einmal mitzumachen, um dann auch ein Stück weit Feedback zu bekommen. Und deswegen war es für mich wichtig, an so einem Wettbewerb teilzunehmen, um einfach mal diese ganzen Abläufe mitzumachen, wie das denn in Deutschland so vermeintlich funktioniert und sich auch das Feedback einzuholen zum Geschäftsmodell, zu den Ideen, zu Themen wie mögliche Skalierung und, und, und.
Fabio Gressies: Max, mein Lieber! Vielen, vielen Dank für deinen Einblick, für die Zeit, die du dir heute genommen hast. Und ich würde sagen: Gib nicht auf, Mann! Es ist das, was am Ende des Tages zählt, ob man morgen wieder am Schreibtisch sitzt und wie du es eben auch gesagt hast, mit dem Kopf durch die Wand muss, manchmal. Aber es kommen Zeiten, die leichter werden. Also kann ich an der Stelle nur sagen, ich drücke dir die Daumen.
Max Salamon: Danke für deine Zeit und für die Einladung.
Fabio Gressies: Und falls du an dieser Stelle jetzt weitere spannende Gründungsgeschichten hören möchtest, dann kannst du das tun unter gründen.nrw oder einfach auf der Podcast-Plattform deiner Wahl.
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