FibreCoat: Hochleistungswerkstoffe günstig produziert (This content is only available in German.)

[Dr. Robert Brüll – FibreCoat GmbH, CEO/Gründer]: Mein Name ist Robert Brüll. Ich habe gemeinsam mit Richard Haas und Alexander Lüking die Firma FibreCoat gegründet. Das ist ein Spin-off der RWTH – und wir machen Hochleistungswerkstoffe erschwinglich.
 
[Richard Haas – FibreCoat GmbH, CTO/Gründer]: Wir arbeiten mit Naturprodukten. Unser Ausgangsmaterial ist eine Basaltfaser und diese Basaltfasern beschichten wir im Herstellungsprozess mit Aluminium. Dadurch, dass wir einen sehr schnellen Produktionsprozess haben, wird unser Produkt besonders hochwertig und besonders günstig. Um die Basaltfasern herzustellen, werden Steine geliefert, das wird gewaschen, das wird in den Ofen eingeleitet und unterhalb von diesem Ofen sieht man dann, wie diese einzelnen feinen Filamente entstehen, wie wir dann die Beschichtung vornehmen mit dem Aluminium, wie wir dann unsere Verarbeitungshilfe, die sogenannte Schlichte auftragen und wie das Material dann bei 1500 Meter pro Minute, also ungefähr Autobahngeschwindigkeit, aufwickeln können. Wenn unser Material dann einmal hergestellt wurde, wird anschließend aus diesem Rohprodukt, dem sogenannten Spinnkuchen, ein Garn hergestellt. Dazu wird das Material umgespult oder das Material wird geschnitten zu sogenannten Schnittfasern und dann verpackt und zum Kunden ausgeliefert.
 
Dr. Robert Brüll: Unser erstes Produkt ist AluCoat, die eingesetzt wird in der Automobilindustrie zum Abschirmen von Batterien oder Chargern oder Ladesystemen, aber auch in Gebäuden als Tapete zur Schirmung von zum Beispiel Krankenhäusern und Co. Unser zweites Produkt in Entwicklung ist PolyCoat. Das ist eine kunststoffbeschichtete Glasfaser, aus der wir Verbundbauteile herstellen können, um den Leichtbau effizienter und günstiger zu machen.

Richard Haas: Kunststoffbeschichtung ist ein ganz anderer Ansatz. Das bedeutet, dass wir ein Faserverbundmaterial auf Faserebene herstellen. Grundsätzlich ist es aber gar nicht so verschieden von der Aluminiumbeschichtung, die wir durchführen. Wir bringen flüssigen Kunststoff während des Spinnprozesses auf die einzelnen Filamente des Produktes auf.

Dr. Robert Brüll: Wir produzieren an zwei Standorten momentan, das ist zum einen in der Stadt Sangerhausen neben Halle, bei der deutschen Basaltfaser und in Georgien in einem Werk neben Tiflis. Zum Ende des Jahres soll auch noch ein Werk in Polen starten. Wir haben uns für Aachen als unseren Hauptstandort entschieden, weil wir hier einen riesigen Talentpool haben, das heißt Studenten von der Uni, die für uns arbeiten können und wir haben hier renommierte Forschungsinstitute, die uns sowohl bei Laborequipment als auch Tests und Untersuchungen bei unserem Material helfen. Wir haben auch das Netzwerk Industrie. Das kommt von der RWTH, ist sehr stark.  Und wir haben eine sehr große Gründerszene in Aachen, die nicht nur regional, sondern auch international vernetzt ist und uns so Kontakte, Experten näherbringen kann.
 
Richard Haas: Unterschätzt habe ich beim Aufbau einer Firma die gesamte Infrastruktur, die notwendig ist, um einen täglichen Betrieb herzustellen. Also neben dem eigentlichen Geschäft, der Produktion und der Forschung an unseren Produkten, ist einfach ein riesiger Apparat da drum entstanden, den man gar nicht verhindern kann. Dementsprechend sind finanzielle Mittel notwendig, dementsprechend sind Partnerschaften notwendig und das habe ich gewaltig unterschätzt bei der Idee „ich baue eine Firma auf“. Für mich bedeutet es, Chef zu sein, dass meine Mitarbeiter, wenn sie irgendwann an dem Punkt ankommen, dass sie nicht weiterwissen oder eine Aufgabe nicht mehr schaffen, zu mir kommen können und ich ihnen dann weiterhelfen kann, beziehungsweise dann auch die Aufgabe für die Leute übernehme.

Dr. Robert Brüll: Wir sind aus der RWTH ausgegründet. Wir haben am Institut für Textiltechnik über mehrere Jahre zusammen geforscht und promoviert. Dann haben wir 2014 die Idee gehabt, Kunststoff auf Glas zu beschichten. Das dann über mehrere Projekte immer weiterentwickelt, bis wir 2019 EXIST gewonnen haben [EXIST- Gründungsstipendium – unterstützt Hochschulabsolvent/innen, Wissenschaftler/innen, sowie Studierende bei ihrer technologierorientierten Gründungsidee]. Und mit dem EXIST haben wir es dann auf Industrieskala skaliert und 2020 die Firma gegründet. Die Teilnahme an EXIST war für uns ein voller Erfolg. Der Antragsprozess war zwar aufwendig, aber immer klar und wir hatten viel Support vom Ministerium. Und nach dem Sieg des EXIST hatten wir dann wirklich den Support, um unsere Technologie auf Industriemaßstab zu bringen und dann auch erfolgreich zu gründen. Ich glaube, ohne EXIST wären wir nicht, wo wir sind. Seit Mitte 2022 sind wir Mitglied im Scale-up.NRW-Programm [Scale-up.NRW – ist ein Programm zur Skalierung und Internationalisierung von Top Start-ups in NRW. Mehr unter: www.scale-up.nrw]. Das ist für uns auch ein großer Erfolg, weil wir genau in dieser Lücke sind, wo es keine Förderung mehr gibt – zwischen Start-up und etabliertem Unternehmen. Und im Scale-up kriegen wir wirklich den Support vom Ökosystem in NRW. Also wir haben mit fünf, sechs Mentoren schon gesprochen, die uns Probleme gelöst haben. Wir hatten Support, was die ISO-Zertifizierung und verschiedene andere, wirklich tiefe Unternehmensbestandteile anbelangt. Und das Team, was NRW bisher liefert, ist ausgezeichnet.

Richard Haas: Am meisten Spaß macht mir täglich zu sehen, wie wir von Woche zu Woche mehr Fasern produzieren und wie sich die Leute auch entwickeln in ihre neuen Rollen rein. Das heißt, man beginnt wirklich mit einer Idee, also auf einem Flipchart eine gemalte Idee, wie man beschichten könnte oder wie man eine solche Technologie umsetzen kann. Hin zu einem 24/7, an 365 Tagen im Jahr, laufenden Produktionsprozess, der in einem Material endet, was in riesigen Paletten verschifft wird und wo ein Kunde uns am Ende des Tages Geld für bezahlt.

Dr. Robert Brüll: Die größte Erfahrung für mich bei der Gründung des Unternehmens war, dass ich mich nicht auf mich alleine verlassen muss. Ich habe meine Mitgründer mit ihren Stärken und Schwächen und wir alle zu dritt haben auch noch immer Schwächen. Das heißt, wir konnten uns über Mitarbeiter, über Experten, über das Ökosystem, das wir hier in Aachen, NRW und auch in Deutschland vorfinden, die Expertise dazu holen, die uns fehlte. Und diesen Schritt, diesen Mut zu haben, zu sagen, „ne, das kann ich nicht, aber jemand kann mir dabei helfen“, das war ein sehr wichtiges Learning für mich.

[Gründen.NRW, Europäische Union - Investition in unsere Zukunft - Europäischer Fonds für regionale Entwicklung, Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen]