Deine AssistenzWelt: ein Pflege-Start-up für selbstbestimmtes Leben

Petra Strack:

Mein Name ist Petra Strack, ich habe zusammen mit meinem Mann die AssistenzWelt gegründet, und wir bieten für Menschen mit Behinderung persönliche Assistenz an.

Das bedeutet, dass Menschen mit Behinderung, ganz normal, wie nicht behinderte Menschen auch, zu Hause leben können und von unseren Mitarbeitern versorgt werden. Die kümmern sich um die Körperpflege, um Haushaltstätigkeiten, Begleitungen während Studium, Freizeit, Arbeit, einfach um alles, was so anfällt.

Pro Kunde haben wir ein Team von bis zu zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, der Kunde hat also immer dieselben Assistenten, die zu ihm kommen und muss sich nicht auf immer wechselndes Personal einstellen.

Unser Verwaltungsteam besteht ausschließlich aus Menschen, die selber auf Assistenz angewiesen sind, die also sehr genau wissen, wovon sie reden, oder aus ehemaligen Assistentinnen, die also den Job von der anderen Seite aus kennen. Und das ist eine Expertise, die sich im Alltag immer wieder bewährt, weil man eben genau weiß, wovon man spricht.

Vor der Gründung habe ich als Personalerin schon in verschiedenen Unternehmen gearbeitet. Zuletzt als Personalleiterin für 300 Mitarbeiter und habe mich dann aber aus dieser sicheren Stellung heraus entschieden, dass wir den Weg in die Gründung gehen und habe das auch bis heute nie bereut.

Holger Strack:

Das war 2016, vor dem Hintergrund, dass mir die Geschäftsführung eines Pflegedienstes angeboten wurde. Wir haben dann kurz gerechnet und uns überlegt, ob wir das nicht gemeinsam alleine machen könnten, und da sind wir nach ungefähr 3 Monaten Rechnen zu dem Ergebnis gekommen, dass wir das selbst können und dass wir das vielleicht besser können, als andere.

Petra Strack:

Ich habe das nie bereut, weil wir heute in unserer Firma wirklich die Dinge so entscheiden können, wie wir sie hier machen wollen. Es gibt keine großen Abstimmungsrunden, sondern man hat eine Idee und die kann man dann auch einfach umsetzen. Das gibt ein sehr viel positiveres Gefühl, als in großen Konzernen, wo man dann doch nochmal zehn Abstimmungsschleifen durchlaufen muss.

Holger Strack:

Gegründet haben wir nicht aus einer Not heraus, sondern meine Frau ist Personalleiterin, ich bin Jurist, somit haben wir bereits die beiden Kernkompetenzen, die erforderlich sind, um einen Betrieb wirtschaftlich zu führen. Gerade in der Assistenz ist es sehr wichtig, dass man zum einen Personalmarketing kennt und zum anderen einen Juristen an der Hand hat, weil das die Funktionen sind, die man auf jeden Fall in der Entwicklung einer Firma braucht.

Petra Strack:

Der Unterschied zwischen einem klassischen Pflegedienst, der seine Leute zu Hause versorgt, ist bei uns, dass die Selbstbestimmung des Kunden ganz oben steht. Das heißt nicht, unsere Mitarbeiter entscheiden, wann geduscht werden muss oder wie etwas gemacht werden muss, sondern der Kunde entscheidet das ganz alleine, so dass die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung ausdrücklich gefördert wird.

Wir sind bundesweit aktiv, haben aber die meisten unserer Kunden in NRW. Das heißt, wir haben von Aachen, in Köln/Bonn natürlich, bis hoch nach Herford unsere Kunden verteilt.

Holger Strack:

Für jeden Kunden, die in 24 Stunden Assistenz leben, sind das durchschnittlich 730 Stunden, die wir im Monat abdecken müssen, plus die Anzahl für Krankheit und für Urlaubstage. So dass wir in der Regel 800 Stunden im Monat abdecken beim Kunden.

Petra Strack:

Unsere größte Herausforderung am Anfang war, dass wir beide überhaupt keine Ahnung von Buchhaltung hatten und da am Anfang auch ein ziemliches Chaos fabriziert haben, was dann der Steuerberater später aufräumen musste. Da hätten wir uns anfangs vielleicht mehr beraten lassen sollen, aber man kann eben nicht alles von Anfang an richtig machen.

Geholfen hat uns bei der Gründung zum Beispiel unsere Hausbank, die mit uns den Businessplan durchgegangen ist und da auch sehr gut beraten hat, auch mit Krediten bei der KfW uns beraten hat.
Auch von der Wirtschaftsförderung Bonn haben wir eine gute Unterstützung bekommen bei der Suche nach einem barrierefreien Büroraum, was in unserem Fall eben noch ein wenig schwieriger ist, als wenn man einfach jeden Büroraum nehmen könnte.

Wir haben einen unglaublichen Vorteil dadurch, dass wir praktisch kein Marketing machen und auch fast nie machen mussten.

Unsere Kunden rufen bei uns an, werden durch Mund-zu-Mund-Propaganda oder über unsere Website und unsere Facebook-Aktivitäten auf uns aufmerksam. Wir können uns wirklich unsere Kunden aussuchen, haben eine lange Warteliste von der wir die Kunden nehmen können, anstatt das wir Kunden suchen müssen. Aufgrund unserer sehr guten Auftragslage können wir es uns auch erlauben, Kunden abzulehnen. Das tun wir auch regelmäßig, insbesondere haben wir jetzt schon eine ganze Weile einen Aufnahmestopp, weil uns die Qualität einfach viel wichtiger ist als die Quantität.

Qualität bedeutet für uns, dass alle zufrieden sind im Unternehmen. Natürlich müssen die Kunden zufrieden sein, aber auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Und darauf legen wir besonderen Wert, tun dafür auch sehr viel. Wir machen regelmäßige Teamsitzungen, Supervisionen, wir machen Sommerfeste, Weihnachtsfeiern, damit die Mitarbeiter untereinander besser vernetzt sind und ein besseres Teamgefühl entsteht und wir belohnen unsere Mitarbeiter, wenn sie für kranke Kollegen einspringen müssen, was natürlich im Bereich der Pflege häufiger vorkommt.

Uns ist sehr wichtig, dass unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gut behandelt werden, und da wir eben Tag für Tag beim Kunden vor Ort sind, ist da der entscheidende Umgang miteinander.

Mitarbeiter rekrutieren wir meistens über Facebook, das klappt sehr gut bei uns und außerdem haben wir auch den Vorteil, dass die bestehenden Mitarbeiter sehr gut über die Arbeit bei uns sprechen und wir von daher sehr viele Mitarbeiter-werben-Mitarbeiter-Erfolge haben.

Im Vergleich zu unseren Wettbewerbern zeichnet uns aus, dass ich als Selbstbetroffene, ich lebe selbst schon sehr lange mit Assistenz, natürlich genau weiß, wovon ich rede und dazu kommt dann einfach die fachliche Expertise aus 15 Jahren Personalarbeit, plus dem juristischen Wissen von meinem Mann. So dass wir einfach sehr professionell aufgestellt sind und dadurch eben auch Kundenwünsche optimal erfüllen können und eine gute Mitarbeiterzufriedenheit erreichen, durch eine gute Bezahlung und eine professionelle Personalarbeit, so dass wir weniger Fluktuation haben, als die Mitbewerber.

Wir zeichnen uns durch unsere besonders familiäre und freundschaftliche Atmosphäre im Unternehmen aus. Das ist uns auch sehr wichtig und das wollen wir auch gerne beibehalten.

Holger Strack:

Als Ehepaar zu gründen hat den Vorteil, dass man sich kennt und miteinander vertraut ist und dass man nicht noch jemanden dabei hat, mit dem man sich abstimmen muss, sondern bei uns reicht es, wenn der Eine einen Gedanken hat und sagt, dass möchte ich gerne so machen, dann reicht ein Blick zum Anderen und wir können das so machen oder lassen es sein.

Der Nachteil als Ehepaar zu gründen ist, dass man grundsätzlich den ganzen Tag über zusammen ist.

Man ist zusammen im Büro, man macht alles zusammen, man ist auch abends zu Hause und man arbeitet auch zu Hause weiter. Man ist nicht mehr ein Paar, sondern man ist tatsächlich Geschäftsführer einer Firma, und natürlich begleitet einen das auch nach Hause.

Petra Strack:

Eine Herausforderung war bei uns gerade zu Anfang, dass wir viele Leistungen vorfinanziert haben. Unsere Leistung ist natürlich nicht ganz günstig. Eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung kostet viel Geld und kein Kostenträger schreit Juhu, wenn wir mit dem Kunden zusammen Anträge stellen. Wir haben teilweise sehr viel Geld, bis zu 120.000 Euro pro Kunde vorfinanziert, und das muss man sich eben auch erstmal erlauben können.

Holger Strack:

Der Vorteil selbstständig zu sein, selbst Unternehmer zu sein, ist für uns die Tatsache, dass wir selbst Entscheidungen treffen können. Wir haben keine Abstimmungsrunden, in denen wir uns mit fremden Leuten abstimmen müssen, wo jeder sein eigenes Interesse hat und das irgendwie durchsetzen möchte. Bei uns reicht ein Blick und wir können eine Entscheidung treffen.

Wichtig für eine Existenzgründung ist es, das zu tun, was einem Spaß macht, denn in der Folgezeit wird man ausschließlich das tun. Wenn man etwas tut, was keinen Spaß macht, dann wird man nicht glücklich dabei. Wir machen jeden Tag das, was uns Freude macht. Wir haben ein Ziel vor Augen, wir möchten Menschen mit Assistenz versorgen. Das ist ein sehr schönes Ziel, und unsere Kunden sind sehr zufrieden und auch sehr dankbar dafür, dass wir das machen. Das ist ein sehr schönes Arbeiten, das gefällt uns jeden Tag. Wir haben es noch keinen Tag bereut, uns selbstständig zu machen.

Petra Strack:

Mein Tipp an alle Existenzgründer und Existenzgründerinnen da draußen ist, sich vor der Gründung wirklich gut zu informieren über das Feld, in dem man sich selbstständig machen möchte. Alles zu recherchieren und dann den Mut zu haben, es auch zu tun.

In den letzten vier Jahren sind wir von null auf 250 Mitarbeiter gewachsen, das war ein unglaublicher Wachstumssprung, den wir jetzt aber auch stoppen wollen, damit wir nicht immer weiter unkontrolliert größer werden. Mein Mann und ich versuchen uns gerade in der Firma überflüssig zu machen, ziehen uns also immer weiter zurück, weil wir momentan dabei sind in Spanien noch eine zweite Firma zu gründen, dort geht es um barrierefreie Ferienhäuser und deren Vermietung.