Interview mit Finn Rübo und Jabob Endler von Datapods GmbH

Datapods entwickelt eine Bank für persönliche Daten. Während Internetkonzerne mit personenbezogenen Daten hunderte Milliarden verdienen und dabei große Mengen Informationen über ihre Nutzer sammeln, werden die bestehenden Rechte im Umgang mit persönlichen Daten kaum genutzt. Genau hier setzt die Datapods App an: Sie ermöglicht es den Nutzern, ihre Daten bei Big Tech anzufordern, diese strukturiert anzeigen und auswerten zu lassen, bestimmte Informationen bei Datenhändlern und Werbeunternehmen zu löschen und schließlich sogar am eigenen Datenwert mitzuverdienen.

Idee und Motivation

Was hat euch inspiriert, eine App zu bauen, die Menschen dabei unterstützt, Kontrolle über ihre Daten zurückzubekommen?

Finn Rübo: Ganz einfach, wir haben sehr umfassende Datenrechte in Europa, von denen kaum jemand Gebrauch macht und das, obwohl mit unser aller Daten Billionen im Jahr verdient werden. Wenn also unsere Daten so viel wert sind und der lockere Umgang mit den eigenen Daten zusätzlich risikobehaftet ist, warum macht da kaum jemand etwas? Weil es lästig, kompliziert und zeitaufwendig ist, die eigenen Rechte wahrzunehmen und es allzu einfach ist, zu ignorieren, dass die eigenen Daten gesammelt und benutzt werden. Wir bringen Licht ins Dunkle und haben dabei schnell gemerkt, dass viele Leute durchaus bereit sind, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen, Kontrolle zu übernehmen und sogar Daten mit Unternehmen zu teilen, wenn dieser Prozess transparent und einfach ist. 

Warum habt ihr euch entschieden, Datapods GmbH in NRW zu gründen? Welche Vorteile bietet euch der Standort – z. B. in Bezug auf Netzwerk, Förderung oder Märkte? 

Finn Rübo: Unser ganzes Gründungsteam stammt aus Bonn, ist hier zur Schule gegangen und hat dann anderswo studiert. Trotzdem haben wir während des Studiums Verbindungen an die Uni Bonn gepflegt und dort auch einen Verein für die Förderung studentischer Entrepreneure gegründet. Dadurch haben wir die Entwicklung des Gründungsstandorts Bonn in den letzten 7 Jahren eng begleitet. Mit dem Transfer Center enaCom der Uni Bonn und dem DigitalHub hatten wir außerdem ein Umfeld, das es uns ermöglichte, die florierende Programmlandschaft für Gründende in NRW zu überblicken – und direkt nach dem Studium auch hier zu gründen.

 

Technologie und Innovation

Auf welcher technologischen Grundlage basiert eure Software, und was unterscheidet euren Ansatz von bestehenden Ansätzen am Markt?

Jakob Endler: Wir bauen eine Super-App zur Verwaltung der eigenen Daten. Eine solche App gibt es auf dem deutschen Markt bisher nicht. Das heißt auch, dass wir bei den technologischen Grundlagen und Schnittstellen an der Speerspitze sind und die Richtung mit vorgeben. Das merken wir jeden Tag aufs Neue beim Kontakt mit unseren Nutzern, anderen Unternehmen und vor allem auch den Aufsichtsbehörden, mit denen wir zusammenarbeiten.

Mit welchen technologischen oder regulatorischen Herausforderungen wart ihr bei der Entwicklung konfrontiert – und wie habt ihr sie gelöst?

Jakob Endler: Unser gesamtes Produkt baut auf europäischer Datenschutz- und Wettbewerbsregulatorik auf. Jede Funktion in unserer App, vom Anfragen von Daten, über das Löschen von Daten und schlussendlich auch der Lizenzierung von Daten, ist für sich genommen eine regulatorische Herausforderung. Deshalb war Start-up Transfer.NRW für uns so wertvoll. Wir konnten uns monatelang mit der Diskrepanz zwischen geltendem Recht und tatsächlicher Umsetzung in der Praxis auseinandersetzen und für alle aufkommenden Lösungen praktikable technische und rechtliche Lösungen entwickeln. Obwohl so viel auf die vorhandene Regulatorik geschimpft wird, muss man sagen, dass es Datapods ohne diese nicht geben würde. Inzwischen arbeiten wir eng mit verschiedenen Aufsichtsbehörden zusammen, um Datenportabilität in Europa zu stärken.

 

Gründung und Aufbau

Wie verlief euer Weg von der Idee zur Gründung?

Jakob Endler: Die Idee, dass man seine eigenen Daten besser verwalten sollte und Unternehmen gleichzeitig Zugang zu relevanten Daten ermöglichen kann, indem man geltendes Recht nutzt, hatten wir schon zu Schulzeiten. Nach der Schule haben wir unterschiedliche Wege eingeschlagen und Informatik, BWL, VWL sowie Rechtswissenschaften studiert. Mit der Bewerbung für die Telekom T Challenge 2023 haben wir unsere alte Idee aus der Schulzeit wieder aufgegriffen. Als wir dort unerwartet den mit 50.000 Euro dotierten Preis für die „Most Customer-Centric Solution“ gewannen, wussten wir, dass wir unsere Idee weiterverfolgen müssen. Im Anschluss erhielten wir Förderungen durch das Gründungsstipendium.NRW und schließlich das Programm Start-up Transfer.NRW, wodurch wir unsere Idee verfeinern und schließlich technisch umsetzen konnten. Mit Beginn des Förderzeitraums haben wir im August 2024 schließlich die Datapods GmbH gegründet. 

Gab es schwierige Momente, und wie habt ihr diese gemeistert?

Jakob Endler: Wir waren anfangs nicht darauf vorbereitet, wie schwer es sein würde, eine Finanzierungsrunde in Deutschland abzuschließen. Fundraising ist eine essenzielle Fähigkeit erfolgreicher Start-ups, man braucht die richtige Ansprache, die richtige Story, die richtige Art von Investor, viel Glück und am Ende einfach viel Durchhaltevermögen. Gemeistert haben wir es durch Zusammenhalt im Team und die Angst als Arbeitseinsteiger dem KI-Kahlschlag zum Opfer zu fallen.

Wie habt ihr eure Finanzierung aufgestellt? Gab es Unterstützung durch Förderprogramme, Investoren oder andere Partner?

Jakob Endler: Wir haben bisher von verschiedenen Finanzierungsquellen profitiert. Gestartet hat alles mit den 50.000 Euro Preisgeld von der Telekom T Challenge. Danach haben wir das Gründungsstipendium.NRW als Überbrückungsbaustein verwendet und uns mit Hilfe des Transfer Center enaCom der Uni Bonn auf das Programm Start-up Transfer.NRW beworben. Diese Förderung des Landes NRW i.H.v. 270.000 Euro konnten wir nutzen, um die technischen und rechtlichen Grundlagen für die heutige Datapods App zu schaffen. Inzwischen haben wir erfolgreich eine Finanzierungsrunde abgeschlossen.

 

Erfolge und Zukunft

Auf welchen Erfolg seid ihr besonders stolz?

Finn Rübo: Wir sind weltweit eines der ersten und in einigen Fällen das erste Unternehmen, das automatisiert Zugang zu den Daten von Big Tech erhält. Dafür müssen wir einen hohen Compliance-Standard nachweisen und langwierige und komplizierte Prozesse durchlaufen. Inzwischen sind wir absolute Vorreiter und gefragte Experten im Bereich der Datenportabilität. Diese Rolle wissen sowohl unsere Nutzer zu schätzen, die uns mit Feedback und viel Enthusiasmus unterstützen, als auch die Aufsichtsbehörden, die uns eng in ihre Prozesse und die Überwachung von Big Tech einbinden. Das spornt uns an, Datapods stetig weiterzuentwickeln.

Wo seht ihr Datapods GmbH in den nächsten drei bis fünf Jahren? Welche Weiterentwicklungen plant ihr für eure Software?

Finn Rübo: In 3-5 Jahren wird man mit Datapods seinen persönlichen digitalen Fußabdruck vollständig steuern und damit das wertvollste eigene digitale Asset voll ausschöpfen können. Wir werden in allen europäischen Ländern eine relevante Nutzerbasis aufbauen und – sobald neue Rechtsakte in anderen Ländern in Kraft treten – auch dorthin expandieren. 

 

Tipps für Gründer

Was war die wichtigste Lektion, die ihr als Gründende gelernt habt?

Jakob Endler: Bias for action. Gerade aus dem Studium kommend, kostete jeder Schritt, nach außen aufzutreten, innere Überwindung. Diese Hemmung muss man ablegen. Man muss in die Kommunikation nach außen gehen, um mit den eigenen potenziellen Kunden, mit Medien und auch mit Investoren zu sprechen. Ohne das, ist es sehr schwer ein Produkt zu entwickeln, Product-Market-Fit zu finden und schlussendlich auch als Gründer zu wachsen. Gründen ist ein iterativer Prozess und das geht nur mit Trial-and-Error.

Welche Ratschläge würdet ihr anderen Gründenden mitgeben, die im Bereich Data aktiv werden wollen?

Jakob Endler: Herzlichen Glückwunsch, ihr habt euch den spannendsten und vielleicht schwersten Bereich zum Gründen ausgesucht. Es schallt von überall her: „Daten sind das neue Öl“. Das ist kein Fehlvergleich: Rohöl ist ohne die Raffinerien mit ihren hochkomplexen Crackern und der internationalen Infrastruktur kaum nutzbar. Daten sind inzwischen zwar ähnlich ubiquitär, aber die komplexe Infrastruktur wird gerade erst aufgebaut. Das heißt einerseits großes Marktpotenzial, aber auch weniger etablierte Märkte, weniger Experten und weniger Investoren als in anderen Bereichen.

Weitere Information:

https://www.datapods.app/en-US/