Synctive beschleunigt mit seiner IoT-Lösung Service-Prozesse, macht die Maschinenwartung vorhersagbar und unterstützt Maschinenhersteller bei der Fehlerdiagnose. Wie es zur Gründung in diesem Geschäftsfeld kam, berichtet Co-Gründer Albert Gorlick.
Synctive – Ostwestfalen erobern den Maschinenwartungsmarkt
Manuel Rüsing, Albert Gorlick, Alexander Wunder
Wie man Maschinen zum Sprechen bringt und damit den Maschinenherstellern und -betreibern hilft, aber auch etwas gegen den Fachkräftemangel tut, das erzählt uns Albert Gorlick, Co-Gründer von Synctive. Und ganz nebenbei: Herzlichen Glückwunsch zum OUT OF THE BOX.NRW AWARD als „Top-Start-up 2024“ in Nordrhein-Westfalen.
Von Bielefeld in die Maschinenwelt: Mit ihrer Software wollen Synctive bald so aufgestellt sein, dass sie alle am Markt verfügbaren Maschinentypen ausstatten und Herstellern Services und Wartungen planbarer, passgenauer und automatisierter anbieten können. Wie ihre Geschäftsidee entstanden ist und wie sich Gründen anfühlt, erzählt uns Co-Gründer Albert Gorlick.
Hier gibt es die ganze Geschichte von drei Ostwestfalen, die ausziehen, die führende Plattform in Europa für IoT-basierte Service-Geschäftsmodelle zu werden.
„Wir bringen Maschinen zum Sprechen.“
Das behauptet das Bielefelder Start-up Synctive auf seiner Website – und wir fragen uns, wie? Ein Grund mehr, CEO und Co-Gründer Albert Gorlick zu treffen und uns das Geschäftsmodell erklären zu lassen. Zuerst jedoch gratulieren wir herzlich zum OUT OF THE BOX.NRW Award. Synctive wurde bei der Preisverleihung als „NRW Top-Start-up 2024“ gefeiert.
„Der Gewinn beim OUT OF THE BOX.NRW Award hat uns extrem viel Aufmerksamkeit gegeben – in der Presse, auf LinkedIn“, darüber freut sich Albert Gorlick und ergänzt, „wir sind bodenständige Ostwestfalen. Das Preisgeld haben wir bislang noch nicht angerührt. Wir planen damit aber einen Invest in unsere Infrastruktur.“ Und damit sind wir mittendrin im TechTalk zur Frage, was macht Synctive und wie bringt das Unternehmen Maschinen zum Sprechen.
„Man muss sich unser Produkt wie ein Fitnessarmband für Maschinen vorstellen. Wir zapfen Maschine- und Anlagedaten zum Beispiel zum Zustand über Sensorwerte, zu Störungen, zu anstehenden Wartungen an – und übermitteln sie dem Hersteller sowie dessen Kunden. Damit beschleunigen wir unter anderem die Service-Prozesse, die Problemdiagnose und machen die Maschinenwartung vorhersagbar. Der Service von Maschinen- und Anlagebauern ist heutzutage noch sehr reaktiv, unpräzise und recht händisch. Regelmäßige Wartungsarbeiten sind nicht an die tatsächliche Maschinennutzung geknüpft, sondern an zeitliche Wartungsintervalle – also nicht besonders präzise.
Bei kritischen Störungen, bei denen ein gewisser Zeitdruck für die Lösung herrscht, vergeht oftmals sehr viel Zeit, bis die Störung erkannt wird, alle Informationen für die Problemdiagnose bereitstehen und der Hersteller dann handeln kann. Mit Synctive ist das anders, denn das System erkennt beispielsweise einen drohenden Ausfall und lässt den Hersteller deutlich früher reagieren.
Das bedeutet, dass die Betreiber, also die Endkunden der Maschinenhersteller, ein sehr viel stabileres Produkt bekommen, das weniger störungsanfällig und damit kosteneffizienter ist. Man muss sich nur vorstellen, dass der Ausfall eines Maschinenteils dazu beiträgt, dass eine ganze Produktionsstraße nicht weiterlaufen kann – ein immenser Schaden. Und ganz nebenbei bietet unser Produkt eine Antwort auf den Fachkräftemangel. Denn wir tragen zur effizienten Instandhaltung und Planung von Kapazitäten bei. Wir können unsere IoT-Service-Plattform bereits jetzt für einen sehr großen Teil der Maschinen und Anlagen innerhalb weniger Stunden bereitstellen. Unser Ziel ist es, unsere Software für sämtliche Maschinen verfügbar zu machen.“
Der Weg zur Geschäftsidee und Gründung
Die Idee zu Synctive hat Albert Gorlick zusammen mit seinen Studienkollegen Alexander Wunder und Manuel Rüsing entwickelt. „Wir sind drei sehr unterschiedliche Charaktere, ergänzen uns aber beim Know-how, z. B. aus unseren Studien an der Uni Paderborn, der Konzeption von datenbasierten Anwendungen beim Fraunhofer Institut, der Arbeit bei einer Unternehmensberatung. Ich selbst habe über die Arbeit in der Managementberatung bei der digitalen Transformation die Bedürfnisse besonders von mittelständischen Unternehmen viel besser, quasi von innen kennengelernt“, sagt Albert Gorlick. So kamen technisches und wirtschaftswissenschaftliches Know-how zusammen.
Sechs Monate lang hat das Trio mit Unterstützung des Gründungsstipendium NRW am ersten Prototypen gearbeitet, dann pausiert und sich ein Stipendium aus dem Bundesförderprogramm EXIST gesichert. „Mit EXIST konnten wir uns Vollzeit zwölf Monate lang auf unser Produkt konzentrieren, erste Kunden akquirieren, Venture-Capital-Investoren gewinnen – und dann Ende 2021 unser Unternehmen auch wirklich gründen.“ Im Frühjahr 2022 konnte Synctive eine Finanzierungsrunde über 1,5 Millionen Euro abschließen, die es dem Start-up erlaubte, vor allem das Entwicklungsteam aufzubauen und viel Erfahrung und IoT-Expertise ins Unternehmen zu holen.
„Gründen ist wie Achterbahn fahren.“
Rückblickend sagt Albert Gorlick über diese Zeit: „Wer sich entscheidet, ein Unternehmen zu gründen, fährt permanent Achterbahn, muss sehr schnell lernen und sich ständig anpassen. Ich weiß noch, wie aufregend die erste Kundenanfrage für uns war. Da kommt wirklich ein Hersteller auf uns zu und möchte mit uns arbeiten. Damit begannen aber die Fragen: Wie gehen wir das an?, Wie sieht unser Angebot, also das Geschäftsmodell und Pricing aus? Wir haben schnell gelernt, dass wir unsere Kommunikation umstellen müssen. Wir haben technisch gedacht. Und damit auch technisch kommuniziert. Das war falsch. Wir mussten lernen, unsere Lösungen einfach und verständlich für unsere Zielgruppe zu beschreiben.“
Die Herausforderung: gutes Personal finden
Eine weitere Herausforderung für Synctive war und ist es, passendes Personal zu finden. „Wir brauchen nicht nur die Leute, die die richtigen Skills und Erfahrungen haben, sondern die auch unser Mindset teilen und Lust darauf haben, mit uns Achterbahn zu fahren.“ Heute hat das Unternehmen zehn Mitarbeitende. Der Vertrieb fokussiert sich aktuell auf den deutschsprachigen Raum, aber die Kunden sind weltweit aktiv.
Geht es nach Albert, Manuel und Alexander, wird Synctive die führende Plattform in Europa für IoT-basierte Service-Geschäftsmodelle.
„Ich mag zwar das Wort ‚Chef‘ überhaupt nicht, aber so lange ich zurückdenken kann, an Aushilfsjobs als Kellner, in der Produktion, an meine ersten Büro-Arbeiten und an eigene Projekte, ich wollte immer Verantwortung übernehmen und Dinge antreiben. Das verbindet mich mit meinen beiden Co-Gründern. Wir schätzen die Freiheit, die wir haben, sind dankbar für die Selbstverwirklichung, die Synctive für uns ist – und hoffen natürlich, mit unserem Produkt ein zentrales Problem der Zeit zu lösen. Was wir jedoch selbst lernen mussten? Wir alle hatten wenig bis keine Erfahrung in der Führung von Teams. Und noch viel wichtiger, in der Motivation von Mitarbeitenden.“ Das haben die Co-Gründer mittlerweile aber auch raus. Egal, ob am Kicker oder beim gemeinsamen Grillen auf der Dachterrasse – die Teamfotos mit lachenden Gesichtern auf der Website beweisen Teamspirit und Spaß an der Arbeit.
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