Bestattungen Hüsgen: Unternehmensnachfolge mit zwei kleinen Kindern im Haus

Transkript

Unternehmerin beziehungsweise meine eigene Chefin zu sein, bedeutet für mich, dass ich jeden Tag über mich selbst hinaus wachsen muss, dass ich jeden Tag besser sein muss, als ich gestern war. Nicht stehen zu bleiben, sondern immer mich weiterzuentwickeln, bereitet mir auch ganz viel Freude, meine eigenen Ideen umsetzen zu können, da nicht gebremst zu werden. Mein Name ist Jessica Beitzel. Ich bin 35 Jahre alt und führe mit meinem Mann gemeinsam in Dormagen das Bestattungsunternehmen Hüsgen. Mein Mann und ich teilen uns die Aufgaben im Unternehmen wie folgt auf: Hauptsächlich bin ich in Dingen wie Buchhaltung, Unternehmensleitung, Finanzamt tätig. Er übernimmt viel auch der alltäglichen Aufgaben, viel im Bereich der Ausbildung. Zusätzlich übernimmt mein Mann den Bereich der Hygiene, das heißt, die Versorgung von Verstorbenen auch nach Unfällen. Dafür hat er nochmal eine extra Ausbildung gemacht. Das heißt, dass er auch die Rekonstruktion nach Unfällen oder Ähnliches vornehmen kann. Wir unterscheiden uns von anderen Bestattungsunternehmen auch viel dadurch, dass wir ganz individuell Familien begleiten. Was braucht die Familie? Was ist in dem Moment richtig und wichtig für sie, sich von ihren geliebten Menschen zu verabschieden? Neben der Ausbildung als Bestattermeisterin, die ich habe, bin ich zusätzlich zertifizierte Familientrauerbegleiterin. Was uns ganz wichtig ist, dass wir Familien in ihrem Trauerprozess unterstützen und da einen besonderen Fokus einfach auf trauernde Kinder gelegt haben.

So war es meinem Mann und mir wichtig, dass wir für trauernde Kinder ein Kinderbuch geschrieben haben über eine kleine Schildkröte mit dem Namen Hope. Und für die haben wir auch extra ein Kuscheltier entwickelt, was angefertigt worden ist, und die kleine Hope hat in ihrem Panzer ein Fach, wo man Briefe oder Dinge verstecken kann, die an den Verstorbenen erinnern, weil es für Kinder auch schon mal einfacher ist, einem Kuscheltier, Dinge anzuvertrauen, als einem Erwachsenen. Eine Trauerbegleitung kann auf verschiedenen Aspekten stattfinden. Es beginnt oft direkt schon nach der Todesnachricht, wenn Familien hinkommen, dass wir individuell überlegen, auch wenn es um trauernde Kinder geht: „Wie erkläre ich einem Kind, dass jemand verstorben ist? Und dann hat man hier bei uns im Haus die Möglichkeit, auch einen Sarg oder eine Urne zu bemalen. Und da gibt es dergleichen, wo gar nichts drauf ist oder es kann auch ein Sarg sein, wo schon etwas vorgefertigt ist, wo die kleine Hope als Bild auf dem Sarg ist, auf der einen Seite weinend, auf der anderen Seite lächelnd. Bei der Trauerbegleitung geht es ganz viel darum, in ein Gespräch zu kommen miteinander, sich zu erinnern, zu lachen, über schöne Dinge sich dran zu erinnern oder auch zu weinen und zu sagen: „Worum weine ich?"

"Worum trauer ich hier?" Trauerbegleitung geht dann natürlich ganz weit darüber hinaus und auch nach der Beerdigung noch viel weiter. Dann ist das Kuscheltier wieder eine gute Möglichkeit und dann findet man weitere Möglichkeiten, ins Gespräch zu kommen. Das Bestattungsunternehmen Hüsgen ist mir eigentlich durch Zufall begegnet. Und zwar habe ich in einem früheren Betrieb gearbeitet und die ehemaligen Inhaber von Bestattung Hüsgen haben Hilfe gebraucht im Alltäglichen und haben sich an dieses Bestattungsunternehmen gewandt. Und dann habe ich hier mal ausgeholfen und bin dann in Elternzeit gegangen, nach der Geburt unserer ersten Tochter. Und das ging dann weiter, dass ich nach Beendigung meiner einjährigen Elternzeit dauerhaft hier angefangen habe zu arbeiten, und sehr schnell kamen Frau Hüsgen und ich ins Gespräch, dass sie sagten, sie haben keinen Nachfolger und werden irgendwann das Unternehmen einfach schließen. Und ich gesagt habe, ich hätte großes Interesse daran, das Unternehmen zu übernehmen, auch weil es hier so viele Möglichkeiten noch gibt, die man umsetzen kann. Also die größten Herausforderungen während der Übernahme waren, dass wir ganz oft Probleme hatten mit unserer privaten Situation, dass wir schlecht beraten worden sind bei uns im Hausbau. Und das war die größte Herausforderung da, eine Bank zu überzeugen und eine richtige Lösung zu finden, wie man das möglich machen kann.

Wir haben viel Unterstützung von verschiedenen Stellen bekommen. Wir hatten die Handwerkskammer, die sehr aktiv uns unterstützt hat, besonders auch in der Kommunikation mit der Wirtschaftsbank und mit Möglichkeiten, die wir haben, diese Übernahme zu realisieren. Zusätzlich haben wir tatsächlich die Commerzbank mit tollen Beratern an der Seite gehabt. Natürlich auch familiär viel Unterstützung. Das darf man natürlich auch nicht außen vor lassen. Mit zwei kleinen Kindern ist es einfach nicht immer leicht und da braucht man auch die Unterstützung, das überhaupt realisieren zu können. Wenn ich heute zurückblicke darauf, bin ich mir ganz sicher, dass ich den richtigen Weg gewählt habe. Es fühlt sich richtig an, ich bin ganz begeistert von dem, was wir und unser Team hier tagtäglich leisten. Ich bin überzeugt davon, dass wir ein guter Anlaufpunkt für Familien sind, Dinge möglich machen können und ich bereue es keine Sekunde. Wenn andere zögern, sich selbstständig zu machen, ein Unternehmen zu gründen, ein Unternehmen zu übernehmen, dann sage ich ganz klar: Versucht es. Ein bisschen Mut ist immer gut, da natürlich auch selbstreflektiert ranzugehen. Was kann ich leisten? Also sich vorher zu überprüfen: Ist es wirklich das, was ich möchte? Weil ich glaube, man muss das schon auch leben.

Ja, das ist so meine Überzeugung.

Informationen zur Barrierefreiheit

00:00:04 Jessica Beitzel, Bestattungen Hüsgen, Inhaberin

00:00:20 #GründenNRW: "Werdende Gründer sollen mutig sein, um ihren Traum zu verwirklichen". Jessica Beitzel, Bestattungen Hüsgen

00:04:11 hwk-duesseldorf.de

00:05:16 Gründen.NRW; EUROPÄISCHE UNION – Investition in unsere Zukunft – Europäischer Fonds für regionale Entwicklung; Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen